GVO-freie Fütterung und Ferkelkastration bestimmende Themen

Mit einem Überblick über die aktuelle politische Diskussion eröffnete der Präsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz (LWK RLP), Ökonomierat Norbert Schindler, die konstituierende Sitzung des Ausschusses „Tierische Produktion“. Der Ausschuss setzt sich aus 21 Mitgliedern zusammen. Die Breite der tierischen Produktion in Rheinland-Pfalz von Pferden über Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen bis hin zum Damwild wird damit deutlich.

Zum Vorsitzenden wählten die Mitglieder Manfred Zelder aus Wittlich, zu seinem Stellvertreter Uwe Bißbort aus Pirmasens. Die Leiterin des Referates Tierproduktion der LWK RLP, Gertrud Werner, ist Geschäftsführerin des Ausschusses. Nach den Regularien berichteten sie und Dr. Roland Labohm, Leiter der Tierseuchenkasse über Aktuelles aus ihren Bereichen.
In einer früheren Sitzung hatte Professor Dr. Georg Dusel von der TH Bingen die Möglichkeiten der GVO-freien Fütterung (GVO steht für „Gentechnisch veränderte Organismen“) vorgestellt. In der aktuellen Sitzung beleuchtete Dr. Thomas Priesmann vom Dienstleistungszentrum Eifel die Frage „GVO-freie Fütterung, was kostet das?“ Die Forderung nach GVO-freier Fütterung ist in den letzten Monaten von den meisten Molkereien aufgegriffen worden. Über die grundsätzliche Möglichkeit einer bedarfsgerechten Fütterung von Hochleistungsherden auf der Grundlage von beispielsweise Rapsextraktionsschrot hatte Prof. Dr. Dusel berichtet. Dr. Priesmann erläuterte in seinem Referat die Wirtschaftlichkeit der GVO-freien Fütterung. Er kam zunächst zu dem Ergebnis, dass Kühe mit einer Leistung über 10.000 Kilogramm ECM (Energie-korrigierte Milchmenge).bis zu 40 Prozent ihres Aminosäurenbedarfs aus dem Futter decken müssen. Das heißt der Aminosäurenbedarf bestimmt maßgeblich, welche Eiweißträger zum Einsatz kommen können. Die verwendeten Eiweißträger verfügen über unterschiedliche Aminosäurenanteile. So ist etwa Rapsextraktionsschrot arm an Methionin. Biertreber und Trockenschlempe sind zudem arm an Lysin. In Rapsextraktionsschrot ist das Verhältnis der Aminosäuren zueinander allerdings günstiger als etwa in Sojaextraktionsschrot. Unter der Voraussetzung, dass Rapsextraktionsschrot maximal rund zwei Drittel des Sojapreises ausmacht und weiterhin ausreichend zur Verfügung steht, ist die Erzeugung GVO-freier Milch mit Rapsextraktionsschrot zurzeit nicht teurer.

Eiweißanteil im Grünland deutlich abgefallen
In der Diskussion wurde angesprochen, dass die Rapserzeugung bei einem Verbot der Neonikotinoide möglicherweise zurückgehe und bei weniger Anbau und geringeren Erträgen nicht im notwendigen Umfang zur Verfügung stehe. Auch die Bioethanol-Herstellung werde sich auf die Verfügbarkeit auswirken. Dr. Priesmann führte aus, dass in den zurückliegenden Jahren der Eiweißanteil im Grünland deutlich abgefallen sei und im Durchschnitt nur noch etwa 14 Prozent bei den untersuchten Grassilagen erreicht würden. Gründe werden zum Beispiel bei einer einseitigen Pflanzenzüchtung und Mangelversorgung der Böden (zu niedrige pH-Werte) gesehen. Eine Verbesserung der Eiweißgehalte im Grundfutter würde eine größere Unabhängigkeit beim Zukauf von Eiweißträgern ermöglichen. Auch die neue Düngeverordnung erhöhe den Druck, die Menge an Futterprotein effizienter einzusetzen. Der Einsatz von Aminosäuren wäre eine Möglichkeit, die Menge des eingesetzten Futterproteins zu senken.
Unter Punkt Verschiedenes wurde kritisch angemerkt, dass in verschiedenen Regionen im Landesforst keine vorbildliche Jagd stattfinden würde. Der Ausschuss „Tierische Produktion“ setzt sich dafür ein, dass das zuständige Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten auf diese Situation hingewiesen und die Notwendigkeit, die Bejagung im Landesforst den Bedürfnissen anzupassen eingefordert werden soll.

Ferkelkastration: Vierter Weg als Möglichkeit?
Auch das Thema Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration ab dem 1. September 2019 beschäftigte die Ausschussmitglieder. Es gibt nach wie vor keine Entscheidung über die Vorgehensweise ab diesem Datum. Weder die Ebermast noch die Immunokastration noch die Betäubung mit Isofluran werden von den Ferkelerzeugern als gangbar angesehen. Es besteht die Gefahr, dass die Ferkelproduktion in Rheinland-Pfalz unter diesen Bedingungen vollständig zum Erliegen kommt. Eine vierte Alternative wäre die Kastration unter Lokalanästhesie durch den Nutztierhalter. Dieser sogenannte vierte Weg ist bereits in Dänemark zugelassen worden. Er wirft allerdings vor allem in Bezug auf die Interpretation des Begriffs „weitestgehende“ beziehungsweise „wirksame“ Schmerzausschaltung noch offene Fragen auf. Sollte diese Möglichkeit den deutschen Ferkelerzeugern verwehrt bleiben, wäre die Zulassung in Dänemark eine deutliche Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Ferkelerzeuger. Der Ausschuss unterstützt das Anliegen der Ferkelerzeuger, den Termin vom 1. September 2019 zu verschieben, um offene Fragen in Bezug auf die verschiedenen Alternativen, vor allem beim vierten Weg zu klären. Unter der Voraussetzung, dass die Kastration unter Lokalanästhesie durch den Nutztierhalter eine praktikable, vor allem aber auch tierschutzkonforme Methode für die Ferkelerzeuger sein könnte, ist es ganz besonders aus Sicht der rheinland-pfälzischen Ferkelerzeuger unabdingbar, diesen Weg zu ermöglichen.

Gertrud Werner, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz