Grußwort zum Jahreswechsel

Liebe Landwirte, Winzer,

 

liebe Landsenioren, Landfrauen und Landjugendliche,

 

die bevorstehenden besinnlichen Weihnachtsfeiertage möchte ich zum Anlass nehmen, um mit Ihnen gemeinsam auf das vergangene Jahr, in dem wir Höhen und Tiefen erlebt haben, zurückzublicken.

Auf ein viel zu trockenes Frühjahr folgte ein verregneter Sommer, so dass die Getreideerzeuger nicht nur Ertrags-, sondern gleichzeitig auch Qualitätseinbußen hinnehmen mussten. Bis zum heutigen Tag sind die damit verbundenen Probleme nicht vollständig gelöst. Viele Getreideerzeuger wurden mit dem Problem konfrontiert, die abgeschlossenen Abnahmeverträge mit dem Handel nicht erfüllen zu können. Die rheinland-pfälzischen Bauern- und Winzerverbände und die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz vertreten in dieser Frage nach wie vor die Ansicht, dass es sich hierbei um "höhere Gewalt" handelt und werden sich weiterhin für eine tragbare Lösung im Sinne aller Beteiligten einsetzen. Ich werde es keinesfalls hinnehmen, dass die betroffenen Landwirte mit ihrem Problem alleine gelassen werden. Schließlich leben und arbeiten wir mit und von der Natur, was auch die Vertragspartner zur Kenntnis nehmen müssen.

Von der langen Trockenperiode waren natürlich auch die Futterbaubetriebe betroffen. In einigen Fällen war der 1. Schnitt zwar besser als zunächst erwartet, der 2. Schnitt viel jedoch in den meisten Fällen ersatzlos aus.

Kammer und Verbände haben sowohl die Landesregierung als auch die Bundesregierung bereits frühzeitig zur vorzeitigen Auszahlung der Betriebsprämie aufgefordert, da dringend Liquidität in den Betrieben zur Verfügung gestellt werden musste. Bundesministerin Aigner und die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin Höfken haben diese berechtigte Forderung aufgegriffen und die Direktzahlungen zum 5. Dezember 2011 ausgezahlt.

Nach anfänglichen Sorgen können wir mit der Weinlese und dem Weinjahrgang 2011 zufrieden sein. Zu Beginn der Lese waren die Nerven bei vielen Winzern aufgrund des verregneten Spätsommers angespannt. Nach einem "goldenen Oktober" konnten wir dennoch einen guten Jahrgang einfahren. Darüber hinaus hatten wir vor wenigen Tagen die Ehre, das einhundertjährige Jubiläum des Weinbauverbandes Pfalz feiern zu können. Bereits vor 100 Jahren erkannten unsere Berufskollegen, wie wichtig es ist, gemeinsam für die Ziele des Berufsstandes zu kämpfen, um langfristig erfolgreich sein zu können.

Auf ihr 40-jähriges Bestehen konnte die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz in diesem Jahr zurück blicken und mit einem Festakt im Kurhaus von Bad Kreuznach feierlich begehen. Nach dem Zusammenschluss der ehemaligen Kammern Rheinland-Nassau, Pfalz und Rheinhessen 1971 hat sie sich zu einer starken berufsständischen Selbstverwaltung, zu einer modernen Verwaltung und zu einem praxisorientierten Dienstleistungsunternehmen entwickelt. Die breite Zustimmung im Berufsstand zur Arbeit der Kammer kam in diesem Jahr nicht zuletzt in einer in großer Geschlossenheit durchgeführten Wahl der Vollversammlung für die 8. Wahlperiode zum Ausdruck. Auch die Wahl eines neuen Vorstands bei der konstituierenden Sitzung der Vollversammlung verlief in großem Einvernehmen und mit guten Wahlergebnissen für den Präsidenten, die beiden Vizepräsidenten Heribert Metternich und Michael Horper sowie die weiteren acht Vorstandsmitglieder. Damit sind die Voraussetzungen für eine sachorientierte, konstruktive Arbeit in den nächsten sechs Jahren gegeben.

Zufrieden sind in diesen Tagen die Zuckerrübenerzeuger. Sowohl die Erträge als auch die Zuckerwerte sind überdurchschnittlich hoch. Die Regenperiode im Sommer, die den Getreideproduzenten in der Ernte große Sorgen bereitete, führte bei den Zuckerrüben zu hervorragenden Erträgen. Auch die Obst- und Gemüseproduzenten können grundsätzlich zufrieden sein.

Dass es trotz zufriedenstellender Erträge und Qualitäten dennoch Probleme geben kann, hat uns allen die EHEC-Krise gezeigt. Obwohl der Erreger in keinem einzigen rheinland-pfälzischen Produkt nachgewiesen wurde, kam der gesamte Markt innerhalb weniger Tage vollständig zum Erliegen. Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd e.V. hat umgehend Bundesministerin Aigner aufgefordert, die Salat- und Gemüseproduzenten, die völlig unverschuldet von der Krise betroffen waren, zu entschädigen. Diese Entschädigung ist zwischenzeitlich erfolgt. Rheinland-Pfalz war eines der ersten Bundesländer, das die Entschädigung ausgezahlt hat. Allerdings blieben viele Betriebe trotz EHEC-Entschädigung auf ihrem Schaden sitzen. Für Produkte wie Rucola und Feldsalat wurde bis heute kein Euro gezahlt. Der Berufsstand hält seine Forderung, auch diese Produkte mit in die Entschädigungsregelung aufzunehmen, nach wie vor aufrecht.

Für die Sonderkulturbetriebe wird es ab Januar 2012 eine deutliche Erleichterung beim Einsatz von Saisonarbeitskräften aus Rumänien und Bulgarien geben. Die bisher notwendige Arbeitsgenehmigung-EU wird ab dem kommenden Jahr nicht mehr nötig sein. Hierfür haben wir uns mit Erfolg eingesetzt.

Auch die Schweinehalter sind unverschuldet in eine Krise geraten. Zu Beginn des Jahres wurden mit Dioxin kontaminierte Futtermittel gefunden. Ein Futtermittelproduzent hat die Ware produziert und ausgeliefert. Kurz nach Bekanntwerden des Skandals gaben die ohnehin bereits niedrigen Schweinepreise nach. Bereits seit längerer Zeit beobachten wir den gesamten Schweinesektor in Rheinland-Pfalz mit großer Sorge. Der Selbstversorgungsgrad für Schweinefleisch liegt in Rheinland-Pfalz gerade noch bei 12 Prozent. Bereits seit Jahren fordern wir effektive Programme, um diesem Trend gegensteuern zu können. Bisher leider ohne Erfolg. Mit Blick auf die Umsetzung der EU-Schweinehaltungsverordnung und den damit verbundenen Investitionskosten ist zu befürchten, dass weitere Betriebe die Schweinehaltung aufgeben. Ein Sonderprogramm für die Schweinehalter im Land scheiterte nach Aussagen des zuständigen Ministeriums an entsprechenden Haushaltsmitteln. Die neue rot-grüne Landesregierung hofft in diesem Zusammenhang auf die Direktvermarktung. Allerdings wurden alle bisherigen Bemühungen der Mitgliedsbetriebe in diesem Bereich durch die EU-Hygieneverordnung zu Nichte gemacht. Wenn die Schweinehalter allerdings nicht umgehend zielorientierte Perspektiven erhalten, werden diese in Rheinland-Pfalz bald vom Aussterben bedroht sein.

In den kommenden Monaten werden uns die Vorschläge der EU-Kommission zur Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013 beschäftigen. Das vorgelegte Papier muss in einigen Punkten deutlich überarbeitet werden. Vor allem die "Greening"-Vorschläge gehen völlig am Thema vorbei. Offenbar möchte sich Niemand mehr daran erinnern, dass die Direktzahlungen aufgrund massiver Interventionspreissenkungen eingeführt wurden. Inzwischen diskutiert man auf allen Ebenen nur noch über die "gesellschaftliche Akzeptanz" der Zahlungen. Es kann jedoch nicht sein, dass die heimischen Landwirte ihre Produkte zu Weltmarktpreisen absetzen und zu hiesigen Kosten produzieren müssen, ohne hierfür einen entsprechenden Ausgleich zu erhalten. Die von Agrarkommissar Ciolos vorgelegten Vorschläge führen wieder einmal zu mehr Bürokratie. Seit Jahrtausenden gibt es die "Dreifelderwirtschaft", jeder Landwirt hat selbst ein Interesse an der Gesunderhaltung seiner Böden und setzt eine Fruchtfolge um. Es ist sicher nicht notwendig, dass dies nun im Rahmen der "Greening"-Maßnahmen auch noch zusätzlich kontrolliert wird. Auch die "ökologischen Vorrangflächen" haben Kammer und Verbände bereits mehrfach scharf kritisiert. Ich halte es für unverantwortlich, dass Flächen stillgelegt werden sollen, obwohl der Nahrungsmittelbedarf weltweit steigt. Nach vielen Diskussionen und harten Verhandlungen wurde die alte Stilllegungsverpflichtung vor wenigen Jahren abgeschafft. Es ist für mich in keiner Weise nachvollziehbar, dass diese nun mit einer anderen Deklaration als "ökologische Vorrangfläche" wieder eingeführt werden soll.

Darüber hinaus haben wir in der Diskussion zur Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013 natürlich unsere alte Forderung wiederholt, dass es endlich zu einer bundesweiten Umverteilung der Prämien kommen muss. Nach wie vor erhalten die Landwirte in Rheinland-Pfalz gemeinsam mit ihren saarländischen Kollegen die niedrigsten Direktzahlungen bundesweit. Damit muss endlich Schluss sein.

Des Weiteren werden wir uns natürlich mit Nachdruck für den Erhalt der Zuckermarktordnung und der Rebpflanzrechte einsetzen, da wir dies für unverzichtbar halten. Auch wenn der Weltmarktpreis für Zucker aufgrund der schlechten Ernte in weiten Teilen der Erde im vergangenen Jahr derzeit relativ hoch erscheint, wäre es sicher zu kurzfristig gedacht, die Zuckermarktordnung nun abzuschaffen. Unsere Betriebe brauchen ein gewisses Sicherheitsnetz, um langfristig in die Zuckerrübenproduktion investieren zu können. Dasselbe gilt für die Rebpflanzrechte. Es darf keinesfalls riskiert werden, dass die seit einigen Jahren zufriedenstellende Marktlage für Weine aus Rheinland-Pfalz durch einen Wegfall der Rebpflanzrechte gefährdet wird.

Mit großer Sorge beobachten wir derzeit auch die Beratungen der rheinland-pfälzischen Landesregierung zum Doppelhaushalt 2012/2013. Neben einer Kürzung der Mittel für die Flurbereinigung und weiteren Haushaltstiteln steht über allem eine globale Minderausgabe in Höhe von 8,3 Millionen Euro im landwirtschaftlichen Bereich. Bisher war die Landesregierung nicht in der Lage uns mitzuteilen, in welchen Bereichen diese eingespart werden sollen. Wir haben jedoch bereits darauf hingewiesen, dass es auch in Zukunft keine Kürzung in den Bereichen Investitionsförderung, Junglandwirteförderung, Ausgleichszulage und Flurbereinigung geben darf. Die Kammer hat ihr Beratungsangebot und die damit verbundene Ausstattung auch nach der Kürzung der Fördermittel aufrecht erhalten, die Investitions- und Förderberatung kann bei Wiederaufnahme der Förderprogramme und Bereitstellung der entsprechenden Haushaltsmittel in bewährter Weise fortgesetzt werden.

Es gab und gibt also für die Bauern- und Winzerverbände und die Landwirtschaftskammer viel zu tun. Besonders in Bezug auf die erneute Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik werden wir in den kommenden Monaten bis zur voraussichtlichen Beschlussfassung Ende 2012 noch viele Diskussionen führen müssen. Ein starker Einheitsverband ist daher wichtiger denn je. Es ist mir daher ein besonderes Bedürfnis an dieser Stelle allen Ehren- und Hauptamtlichen Mitstreitern herzlich für ihren vehementen Einsatz im Sinne des gesamten Berufsstandes zu danken.

Allen Landwirten, Winzern, Landsenioren, Landfrauen, Landjugendlichen und allen die mit uns gemeinsam für den Erfolg der heimischen Landwirte und Winzern kämpfen, wünsche ich ruhige und besinnliche Weihnachtsfeiertage sowie ein glückliches und erfolgreiches Jahr 2012

Ihr Ökonomierat Norbert Schindler MdB

Präsident