Fortbildung für Wildschadensschätzer

„Den hier anwesenden Schätzern gilt zunächst ein Dankeschön, dass sie sich den mitunter undankbaren Job ‚antun‘ und nicht müde werden, vor Ort durch ihre fachkundige Schätzung Konflikte zu lösen.“ Mit diesen Worten begrüßte der Präsident der Landwirtschaftskammer, Ökonomierat Norbert Schindler, die etwa 40 Teilnehmer am Seminar für amtliche Wildschadensschätzer am 10. Oktober in der Rotunde des Bauern-und Winzerverbandes Rheinland-Nassau in Koblenz.

 Die Veranstaltung wurde durch die Landwirtschaftskammer (LWK RLP) und den Gemeinde- und Städtebund (GStB) in Kooperation mit der Kommunalakademie angeboten. Ziel war es, die durch die unteren Jagdbehörden amtlich bestellten Wildschadensschätzer in aktuellen rechtlichen und fachlichen Fragen rund um das Thema „Wildschäden in der Landwirtschaft“ fortzubilden.
Zunächst standen zwei Vorträge zu den rechtlichen Grundlagen auf der Tagesordnung. Alexander Wendlandt, bis letzten Monat Referent für Jagdrecht beim GStB zuständig, stellte das behördliche Verfahren zum Wildschadensersatz vor. Er machte deutlich, dass die Vorschriften strenge Fristen zur Meldung und Dokumentation von Wildschäden vorgeben, die unbedingt eingehalten werden müssen. Wird nämlich ein Schaden nicht innerhalb von einer Woche nach Feststellung bei der zuständigen Behörde (Verbandsgemeinde- oder Stadtverwaltung) angemeldet, besteht seitens des geschädigten Landwirtes kein Anspruch auf Wildschadensersatz. Nach Anmeldung des Schadens haben Landwirt und Jagdpächter eine weitere Woche Zeit, sich gütlich zu einigen. Gelingt dies nicht, leitet die Behörde das sogenannte Vorverfahren ein. Dieses beginnt mit einem Ortstermin, zu dem der Behördenvertreter den Landwirt und den Jagdpächter sowie den amtlichen Wildschadensschätzer einlädt.

Bestimmte Pflichten sind einzuhalten
Die Rolle des amtlichen Schätzers im Verfahren stellte im nächsten Vortrag die Justiziarin der LWK, Nina Weil, dar. „Die Bestellung der amtlichen Schätzer erfolgt durch die unteren Jagdbehörden. Voraussetzung für die Bestellung ist eine landwirtschaftliche Ausbildung oder eine langjährige Berufserfahrung in der Landwirtschaft“, informierte Weil. „Wildschadensschätzer sind zu einer unabhängigen, unparteiischen und gewissenhaften Schätzung der Wildschäden verpflichtet.“ Die Referentin zeigte auf, in welchen Fällen es Zweifel an der Einhaltung dieser Pflichten geben könnte und ein Wildschadensschätzer nicht im Verfahren tätig werden darf oder befangen ist. Hierzu zählen beispielsweise eine enge verwandtschaftliche Beziehung oder eine berufliche Abhängigkeit zu einem der Beteiligten. In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass die amtlichen Schätzer häufig über ihre eigentliche Aufgabe hinaus, die Ermittlung der Schadenshöhe, weitere Funktionen, bis hin zur Streitschlichtung, übernehmen. Vermieden werden sollte dabei, dass der amtliche Schätzer schon auf Anfrage einer der beteiligten Parteien (Landwirt oder Jäger) tätig wird und dann für das eigentliche Vorverfahren wegen Befangenheit nicht mehr von der zuständigen Behörde beauftragt werden kann.
Der Nachmittag begann zunächst mit einem Vortrag über das Erkennen ersatzpflichtiger Wildschäden auf Ackerflächen. Die Referenten Christoph Hildebrandt und Robert Ackermann, beide vom Landesjagdverband, zeigten hierzu zahlreiche interessante Beispielfotos, auf denen Schäden und die dazugehörigen Spuren des Wildes zu sehen waren. Es wurde deutlich, dass die beiden Wildexperten regelmäßig vor Ort zu strittigen Schadensbildern gerufen werden, um zweifelsfrei festzustellen, ob die vorgefundenen Schäden tatsächlich von ersatzpflichtigen Wildarten hervorgerufen wurden oder andere Ursachen zugrunde liegen.

Oft hilft konstruktives Miteinander
Den letzten Punkt der Tagesordnung bildete der Vortrag von Dr. Manfred Schulte-Karring. Der von der LWK RLP öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige stellte sehr ausführlich die Methoden zur Schätzung von Wildschäden in Acker- und Grünland dar. Dabei ging er detailliert auf die Schadensermittlungen vor Ort und die daraus folgenden Berechnungen der Schadenshöhe ein. Es wurde kritisch diskutiert, ob insbesondere bei kleineren Schäden eine exakte und damit aufwändige Schadensermittlung als verhältnismäßig anzusehen ist. Man war sich darin einig, dass in vielen Fällen das konstruktive Miteinander von Jägern und Landwirten praktikable und einvernehmliche Lösungen zulässt. Wird jedoch um die Höhe des Schadensersatzes gestritten und die Behörde muss einen Bescheid erlassen, ist eine nachvollziehbare hinreichend exakte Schätzung der Schadenshöhe erforderlich. Geschädigte Kulturart, Schadensursache- und -umfang, Schadensbetrag und Berechnungsart sind neben der Kostenaufstellung für die Schätzung in einer Schätzungsniederschrift darzulegen.
Die Vorträge wurden intensiv diskutiert, und die Teilnehmer konnten viele Erfahrungen aus der Praxis beisteuern. Jan Hendrik Müller von der Landwirtschaftskammer bedankte sich zum Abschluss bei allen Referenten und Teilnehmern und resümierte, dass der Tag viele Kenntnisse auffrischen konnte und auch die begleitende Diskussion über praktische Fälle großen Nutzen für die Arbeit der Schätzer mit sich brachte.