Flutkatastrophe wirkt noch lange nach

Die Vollversammlung der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz fand diesmal in der Halle von Bockenau im Soonwald statt. Auf der Tagesordnung standen Haushaltsberatungen, aber auch die Flutkatastrophe an der Ahr war noch immer gegenwärtig.

Als Hubert Pauly von der Flutnacht im Ahrtal erzählte, wurde es sehr still. Der Weinbaupräsident von der Ahr ist persönlich betroffen und berichtete bei der Vollversammlung der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz über seine Erlebnisse. „Ich habe anfangs noch versucht, durch die Fluten zu waten und zu helfen. Ich bin ein starker Mann, aber es war schnell klar: Lass es, sonst stirbst du.“ Pauly beschrieb, wie er mit mehreren Helfern alte Menschen aus deren Häusern rettete und wie Freunde und Bekannte Familienmitglieder verloren. „Doch nach der Katastrophe haben so viele Kollegen geholfen, aus Deutschland, Luxemburg und Frankreich. Das war überwältigend, und jetzt, wo einige resignieren und aufgeben wollen, müssen wir die Leute wieder an das schöne Leben heranführen“, appellierte Hubert Pauly, der für sein langjähriges ehrenamtliches Engagement mit der Silbernen Kammermedaille ausgezeichnet wurde.

Die Landwirtschaftskammer konnte aufgrund der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr keine Vollversammlung durchführen. Nun kamen die Mitglieder des bäuerlichen Parlaments in der Bockenauer-Schweiz-Halle zusammen, um die wichtigsten Beschlüsse von 2020 und 2021 nachzuholen. Im Dezember soll es eine weitere Vollversammlung geben, dann wieder mit ausführlichem politischen Teil.

„133 Tote und 766 Verletzte, Milliardenschäden an der gesamten Infrastruktur. Die landwirtschaftlichen Betriebe, allen voran die Winzer, hat es dabei hart getroffen“: Auch der Präsident der Landwirtschaftskammer, Ökonomierat Norbert Schindler, blickte in seiner Ansprache auf die Katastrophe im Ahrtal zurück. Von 68 Weinbaubetrieben seien 65 unmittelbar von der Flut betroffen. „Wären die zahlreichen Landwirte und Lohnunternehmen nicht gewesen, die sich ohne Zögern ins Ahrtal zum Helfen begeben haben – es sähe heute, acht Wochen später, noch wesentlich schlimmer aus.“ Schindler betonte wie Pauly in diesem Zusammenhang den großen Zusammenhalt unter den bäuerlichen Familien, aber auch unter den Unternehmen und Handwerksbetrieben. „Unbürokratische Hilfe unter anderem durch die Wiederaufbaukasse machte Rebschutzspritzungen per Hubschrauber möglich. Die gute Zusammenarbeit zwischen dem Verband deutscher Prädikatsweingüter und den Bauern- und Winzerverbänden war eine große Erleichterung.“

Weitere Themen auf der Agenda des Kammerpräsidenten: Die aus Sicht der Landwirtschaftskammer oberflächlich formulierten Inhalte im Koalitionsvertrag der rheinland-pfälzischen Landesregierung, der Schulterschluss der Bauern- und Winzerverbände mit den Naturschutzverbänden und die Herausforderungen der Energiewende. „Der Flächenverlust in der Landwirtschaft muss gestoppt werden, ganz gleich, ob Baugebiete realisiert werden oder der Ausbau regenerativer Energien vorangetrieben werden soll.“ Applaus der Delegierten gab es beim Lob des Präsidenten für das Referat Bildung und die ehrenamtlichen Prüfungsausschussmitglieder, die trotz der schwierigen Pandemielage die Ausbildungsgänge in den Grünen Berufen mit hohem persönlichen Einsatz aufrechterhalten konnten.

Auf der Tagesordnung standen nun, als „Hausaufgabe“ aus dem Jahr 2020, die Jahresrechnung 2019 sowie der Haushalts- und Stellenplan mit Haushaltssatzung 2021. Kammerdirektor Dr. Markus Heil stellte die Zahlen und Pläne vor. „Die Jahresrechnung 2019 zeigt, dass wir unsere allgemeinen Rücklagen trotz anerkannt sparsamer Haushaltsführung aufbrauchen mussten. Kostensteigerungen in nahezu allen Bereichen haben zu dieser Entwicklung geführt“, so Dr. Heil.

Ökonomierat Walter Wolf berichtete über die Prüfung der Jahresrechnung 2019 und 2020. „Herzlichen Dank allen Beteiligten für die sehr gute Arbeit“, sagte Wolf und bat die Versammlung um Entlastung von Vorstand und Verwaltung. Ergebnis: Entlastung einstimmig erteilt.

Kammerpräsident Ökonomierat Schindler hatte auch Ehrungen im Gepäck. Neben Hubert Pauly erhielten Rolf Haxel aus Cochem und Horst Klöppel aus Katzenelnbogen die Silberne Kammermedaille für ihre außergewöhnlichen Verdienste rund um die Landwirtschaft.

Im nicht öffentlichen Teil wurden die Weichen gestellt für die Zusammenführung der Dienststellen Trier und Wittlich – in Bekond, geografisch in der Mitte zwischen den beiden „alten“ Standorten, wird eine neue Dienststelle gebaut. „Es freut mich sehr, dass wir nun den Strukturwandel mit größtmöglicher Wirtschaftlichkeit aktiv gestalten können“, sagte Präsident Schindler abschließend.