Flächen über Nacht unbenutzbar geworden

Eine neue Rechtsverordnung sorgte dafür, dass Landwirte an der Riveris-Talsperre bei Osburg in der Nähe von Trier weite Flächen in Hofnähe quasi über Nacht nicht mehr bewirtschaften können.

„Trinkwasserversorgung aus der Riveristalsperre und den Quellen Osburg gesichert“    : Diese Nachricht verkündete die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord und informierte darüber, dass die neue Rechtsverordnung (RVO) am 23. Juni in Kraft gesetzt wurde. Auf diese Weise ist ein rund 2300 Hektar großes Wasserschutzgebiet entstanden, und das im „Einklang mit den Interessen der betroffenen Landwirte“.

Diese sehen das allerdings etwas anders. „Seit fünf Jahren waren wir im Gespräch und dachten auch immer noch, dass an einer gemeinsamen Lösung gearbeitet werde. Doch plötzlich wurden Fakten geschaffen“, erklärt Gudrun Koltes. Und diese Fakten stellen die betroffenen Landwirte vor große Probleme. Die Landwirtin betreibt einen Hof mit rund 30 Milchkühen, dazu kommen noch Nachzucht sowie drei Mutterkühe mit Kälbern. Ihre Weidefläche ist jetzt plötzlich gar nicht oder nur noch mit Sondergenehmigung nutzbar. „Im vorherigen Entwurf der RVO war von einem Verbot von Massentierhaltung die Rede, jetzt ist gar keine Tierhaltung mehr erlaubt. Der Vorschlag der Behörden lautet: Stellt doch um auf Biobetrieb. Das interessiert die Kühe aber nicht, die weiter Mist produzieren.“

Nachbar Alwin Naumes betreibt einen Hof, auf dem rund 100 Pferde eingestellt sind. „Auch bei mir fallen große Mengen Mist an. Mein Vorschlag war, eine Biogasanlage zu errichten, die gleichzeitig als Hygienisierungsanlage dient. Damit dürfte der Mist ausgebracht werden. Doch das wurde abgelehnt und darauf hingewiesen, dass man bei erfolgreichem Betrieb die Hygienisierung nachrüsten könne. Das ist viel teurer, als wenn man die Sache gleich baut“, sagt Naumes kopfschüttelnd. Beim Vorgang der Hygienisierung wird die Masse vor der Vergärung über einen gewissen Zeitraum erhitzt, um die Keimbelastung wesentlich zu verringern.

Die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz war in die Diskussion damals eingebunden. Es ging ursprünglich vorrangig um eine Lösung für alle Landwirte. Alwin Naumes sollte die Anlage als Pilot- und Leuchtturmprojekt des Landes bauen. Alle Viehhalter sollten ihre Stoffe als Input liefern lassen können, während der Dünger durch ein zentrales Verteilsystem auf den entsprechenden Flächen aller Beteiligten ausgebracht wird. Das war der Plan, den auch die Kammer sehr lange unterstützte. Doch schließlich wurde das Projekt vom Land als zu teuer erachtet und war damit erledigt.

Auch Landwirt Naumes wurde die Umstellung auf Biobetrieb nahegelegt, um höhere EU-Subventionen zu erhalten und die Mehrkosten auszugleichen. „Aber die Subventionierungshöhe ist nicht auf Dauer gesichert, und bei 100 Einstellpferden ist das Risiko viel zu hoch, gegen die strengen Auflagen zu verstoßen.“ Beide Landwirte stellen sich die Frage, warum sie sich als Nichtverursacher der aktuellen Situation um die Auswirkungen kümmern müssen. „Wir haben uns am Prozess beteiligt und unsere Eingaben gemacht. Auch von einer Übergangsfrist war mal die Rede, an die sich jetzt niemand mehr erinnern will“, so Gudrun Koltes. Sie fühlt sich allein gelassen und kann nicht verstehen, dass man sich jetzt selbst um entsprechende Förderprogramme kümmern soll.

Zudem bleibt die Flächenfrage ungelöst: Durch die neue RVO können die Landwirte die hofnahen Flächen nicht mehr nutzen. Viele gepachtete Flächen gingen verloren, andere Landwirte geben keine Flächen zur Pacht frei. „Ich habe außerhalb noch einige Flächen liegen, die allerdings zu Grünland umgewandelt wurden und so nicht als Ackerfläche genutzt werden können“, erklärt Gudrun Koltes, und Alwin Naumes ergänzt: „Die Fläche wird vor der Haustür gebraucht – der Effekt der Sonderzonen geht gegen null.“

Die Landwirte fühlen sich mit ihren Problemen allein gelassen. Einerseits sollten sie sich selbst um entsprechende Förderprogramme bemühen. „Andererseits sind laut der neuen RVO Anträge auf Entschädigung an die Begünstigten zu richten“, sagt Gudrun Koltes und zählt auf: die Stadtwerke Trier und der Zweckverband Wasserwerk Ruwer der VG Ruwer. „Die Beweislast bleibt an uns Landwirten hängen, denn einen Entschädigungsvorschlag der Landwirtschaftskammer haben die Stadtwerke im Januar 2018 als zu teuer abgelehnt.“