Engagierte Direktvermarkter bei Berufskollegen in der Südpfalz

Wenn landwirtschaftliche Betriebe ihre Tore für Berufskollegen öffnen, wird es meist spannend, lehrreich und interessant.

Daher waren im Rahmen einer von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz organisierten Lehrfahrt 26 landwirtschaftliche Direktvermarkter aus dem Norden und der Mitte des Landes mit einem Kleinbus in der Südpfalz mit hohen Erwartungen unterwegs. So unterschiedlich die Betriebe der Lehrfahrtteilnehmer zuhause, so verschieden waren auch die vier Besichtigungsbetriebe.

Erste Station war der Betrieb Gensheimer in Offenbach an der Quaich, ein Gemüsebaubetrieb, der 2001 mit der Umstellung auf biologischen Anbau begann. Die ursächliche Motivation des Betriebsleiters waren damals seine persönlichen Befindlichkeitsstörungen beim Einsatz von Spritzmitteln auf den Feldern. Zu diesem Zeitpunkt erfolgte auch der Einstieg in die Direktvermarktung, womit Ralf Gensheimer die mehrfach gestellte Frage beantwortete, wie man  als Betrieb die jahrelange Umstellungsphase überlebt. "Kein Markt nimmt Umstellungsprodukte auf, also haben wir sie damals ab Hof angeboten und es lief". Gensheimer hat sich "spezialisiert auf das Viele", 40 Gemüsekulturen baut er heute an, er experimentiert auch gerne, nimmt alte Züchtungen ins Programm, verkauft seine 10 Tomatensorten mit Namen und führt Kartoffeltestessen mit der Belegschaft durch.

Anbau, Pflege und Ernte sind sein Arbeitsbereich, die Vermarktung übernehmen seine Frau und die beiden Schwestern. Sieben  Wochenmärkte in der Region werden mit den Erzeugnissen des Biohofes bedient, dazu kommt der Hofladen, in dem es ein erweitertes Biosortiment gibt. 80 Prozent des Gemüses werden selbst vermarktet, der Rest geht an Kleinhändler oder die Gastronomie in der Region. Die Ernte von heute ist morgen oder übermorgen beim Kunden und es wird nur eigenes Gemüse verkauft. Zum Zeitpunkt der Lehrfahrt waren die Tomaten im Gewächshaus noch grün, aber es wird dennoch nichts zugekauft. Da seien sie konsequent, diese klare Struktur ist wichtig, so Gensheimer. "Unsere Kunden akzeptieren das".  Zur Betriebsphilosophie gehört zudem  eine angemessene Preisgestaltung, auch eine Familie mit mehreren Kindern soll sich den Einkauf von Biogemüse bei ihnen leisten können. Die Frauen führen einen Laden mit angenehmer Atmosphäre, er diene vielen Kunden zum Austausch untereinander. www.gemuesebau-gensheimer.de

Nach diesem beeindruckenden Einblick in den Gemüsebau gab es ein besonders Mittagessen auf einer Straußenfarm Mhou in Rülzheim.  Für viele Teilnehmer war es das erste Straußensteak ihres Lebens. Straußenfleisch ist sehr mager und erinnert von der Farbe eher an Rind- als an Geflügelfleisch. Seit 1993 gibt es die Straußenfarm Mhou (=Strauß) hier in der Südpfalz, welche von dem Ehepaar Uschi Braun und Christoph Kistner  gegründet wurde. Gelernt habe beide die Straußenhaltung in Afrika, von wo sie auch die ersten Strauße in die Pfalz mitgebracht haben. Die artgerechte Haltung dieser außergewöhnlichen Tiere ist zu ihrer  Passion geworden. Sie geben ihr vielfältiges Wissen in Seminaren weiter und führen die Besucher durch das Gehege. Schwerpunkt der Mhou  ist die Straußenzucht; gut getimet entschlüpften einige Sträußchen vor den Augen der Lehrfahrtteilnehmer ihrer dicken Schale nach der sechswöchigen Kunstbrut.

Pro Jahr erblicken in Rülzheim rund 1.500 Küken das Licht der Welt, es ist damit der größte Zuchtbetrieb Europas. Die meisten von ihnen werden später auf anderen Farmen in ganz Deutschland gehalten, da Strauße mit max. 20 Tieren pro ha einen relativ hohen Flächenbedarf haben. Mit etwa einem Jahr sind sie schlachtreif. Nach dem Schlachten vor Ort wird die komplette Vermarktung dann wieder über den Betrieb in Rülzheim abgewickelt. Auf die Wirtschaftlichkeit der Straußenfarmen angesprochen folgt die klare Aussage, dass es ohne die Bereitschaft zur Kooperation eigentlich nicht geht. Es ist weit mehr als nur das Fleisch, was den Strauß so interessant macht. Die große Produktvielfalt zeigt sich im angegliederten  Laden mit stark afrikanischem Flair. Filigrane Kunstlampen aus Straußeneiern, Straußenfedern und hochwertige Lederwaren seien als wichtigste erwähnt.

Die Straußenfarm ist eine der wichtigsten touristischen Attraktionen der Region. Mit Gastronomie, Führungen durch das Tiergehege und dem exotisch anmutendem Farmladen bietet sie eine außergewöhnliche Kombination. Die ungünstige Witterung des Frühjahrs 2013 wirkte sich auch auf diesem Betrieb wirtschaftlich negativ  aus, die günstige Marktsituation mit guter Nachfrage hält die Begeisterung für die Farm jedoch hoch. Christoph Kistner hätte stundenlang von der Straußenhaltung schwärmen und seine Erfahrungen in der Vermarktung eines weltweit sehr begehrten Produktes berichten können. Gerne würde er auch den einen oder anderen Partner aus Rheinland-Pfalz gewinnen, da er einen großen Bedarf an Aufzuchtbetrieben für diese fantastischen Tiere sieht. Interessenten können sich jederzeit an ihn wenden. www.mhoufarm.de

Im nächsten Betrieb ging es wieder um Tierhaltung; Familie Burger in Neupotz stellte ihre 1960 erbaute Aussiedlung vor. Der Burgerhof war immer ein klassischer Gemischtbetrieb mit Rinder- und Schweinehaltung. Anfang der 1990er Jahre hat dann der Preisdruck auf dem Fleischmarkt den Einstieg in die Selbstvermarktung initiiert, 1995 wurde die Hofmetzgerei eröffnet. "Kurze Wege" sind bei Burgers eine Selbstverständlichkeit, denn  in die Theke kommt nur Fleisch von Tieren, die auf dem Betrieb mit eigenem Futter aufgezogen werden. Das Schlachten übernimmt ein Metzger in Vollzeitanstellung direkt auf dem Betrieb zusammen mit einer der beiden Töchter, die selbst Metzgermeisterin ist. Sie ist für den Metzgereibetrieb maßgeblich verantwortlich, der sich in den zurückliegenden Jahren so gut entwickelt hat, dass es überall zu eng wurde und ein Anbau notwendig wurde. Pro Woche gehen ca. sechs Schweine und ein Rind über die Theke.

Ende 2012 wurde der neue Anbau fertig. Es präsentiert sich nun eine neue, professionelle Ladentheke in einem lichtdurchfluteten Raum, dahinter angeordnet die Kühl- und Verarbeitungsräume. Im ehemaligen Laden wird in Kürze eine separate Küche für den Cateringbetrieb eingerichtet. Die Nachfrage nach einem vielfältigsten Cateringangebot wächst ständig, so dass dies nicht mehr nebenbei mit der eigentlichen Fleischverarbeitung zu vereinbaren ist. Hier wird die Schwester des Betriebsleisters das Regiment führen. Der Betrieb ist derzeit Existenzgrundlage für drei Familien, die Aufgabenteilung ist klar geregelt: Karlheinz Burger und der Sohn sind  zuständig für den Außenbetrieb, die Ehefrau hilft mit im Stall und im Verkauf, dort ist auch die zweite Tochter  stundenweise tätig. . Die Familie hält zusammen, "das ist die wichtigste Grundlage für alles", so sind sich alle einig. Klare Regelungen gibt es auch bei den Öffnungszeiten des Hofladens, der Verkauf läuft von Donnerstag bis Samstag, und es gibt zweimal im Jahr drei  Wochen Betriebsferien, nach Weihnachten und in den Sommerferien. www.burgerhof-neupotz.de

Zum Abschluss der Lehrfahrt sollte ein gutes Stück Kuchen nicht fehlen. So bot sich eine Besichtigung der gerade neu eröffneten Hofbäckerei  der Familie Zapf in Kandel an. Familie Zapf hatte 1972 ausgesiedelt und sich im Laufe der Jahre von Viehzucht und Milchwirtschaft verabschiedet, um sich verstärkt dem Obst- und Gemüsebau zuzuwenden. Schwerpunkte sind heute der Anbau von Äpfeln, Spargeln und Erdbeeren. Etwa  40 Prozent der Ernte werden selbst vermarktet, der Rest geht an den Großmarkt.  Verkaufsstände in der Saison gibt es nicht, und sie waren auch nie gewollt. Ein Hofladen existiert bereits etliche Jahre, ebenso gibt es Hofführungen, Selbstpflückaktionen oder jährliche Hoffeste. Maria Zapf hat vor einigen Jahren die Meisterprüfung als Bäckerin absolviert und daraufhin die Idee einer Hofbäckerei verfolgt. Vor wenigen Tagen wurde der neue "Hofmarkt Zapf" eröffnet, der einen gewissen Markthallencharakter mit moderner Hofladeneinrichtung einerseits und einer Brot-/Kuchentheke andererseits bietet. Um diese inselartige Anordnung herum  liegt der vielfältige Sitzbereich mit Blick auf die Apfelbäume direkt nebenan.  Familie Zapf erhofft sich mit dieser Konzeption einen intensiveren ganzjährigen Kundenbetrieb auf dem Hof. Die Backstube ist mit einer Glaswand vom Sitzbereich getrennt, um den Kunden Einblicke in den Backbetrieb zu gewähren. www.obsthof-zapf.de

Nach diesen reichhaltigen Eindrücken aus vier sehr unterschiedlichen Betrieben ging es wieder Richtung Norden. Im Bus wurde noch rege diskutiert, teilweise schon Pläne geschmiedet für Verbesserungen im eigenen Betrieb. Für die meisten Direktvermarkter war es ein freier Tag mitten in der aktuellen Saison, der für alle informativ war. Wenn von den vielen, gesammelten Ideen nur eine fruchtet, hat sich das ganze meist schon gelohnt und die offenen Gespräche mit und unter erfolgreichen Kollegen sind ohnehin nicht bezahlbar.

Maria Goetzke, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz