Dritter Zertifikatslehrgang Bauernhofpädagogik gestartet

Das erste von vier Modulen des dritten Zertifikatslehrgangs Bauernhofpädagogik (BHP) ist „im Kasten“ – die Onlineveranstaltung war der Auftakt für den vierteiligen Lehrgang, der Bestandteil des mit Mitteln des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER) geförderten Vorhabens „Lernort Bauernhof“ in Rheinland-Pfalz ist.

„Es ist kaum zu glauben, wie gut wir uns jetzt schon kennengerlernt haben“, beschrieb eine der 19 Teilnehmenden ihren Eindruck des ersten Moduls. Diese Aussage ist bezeichnend, denn die meisten Kursteilnehmenden hatten sich erst zwei Tage zuvor zum ersten Mal gesehen. Dass so viel Gemeinschaft online möglich sein könnte, hatte wohl niemand so recht erwartet. „Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen - auch bei der Bauernhofpädagogik“, dachten sich die pädagogische Leitung, Annette Müller-Clemm (Bundesarbeitsgemeinschaft Lernort Bauernhof e.V.), und die organisatorische Leitung, Dr. Theresa Scheu (Hofgut Neumühle). Sie haben den Schritt gewagt und logistische Hürden überwunden. So begrüßte Agnes Pohlmann als Vertreterin des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz alle Beteiligten vor ihren heimischen Computern, führte in den neuen Kurs ein und wünschte gutes Gelingen. 

Das erste Kennenlernen gelang am jeweiligen Schreibtisch über Bilder von unterschiedlichen Formen der Landbewirtschaftung. Gefragt waren die persönliche Wahrnehmung und Einstellung: Welche Bilder sprechen mich an? Wie möchte ich als Landwirt*in gesehen werden? Was möchte ich von meinem Betrieb zeigen? Bei der Beantwortung dieser Fragen kamen die Motivation und erste Fragen zur pädagogischen Arbeit auf dem Hof ins Spiel. So unterschiedlich die Betriebe und die beruflichen Erfahrungen der Teilnehmenden sind, so wichtig ist allen gemeinsam, dass Kinder, Jugendliche und „fachfremde“ Erwachsene die Landwirtschaft hautnah erleben und das umfangreiche Berufsfeld von Landwirtinnen und Landwirten unmittelbar vor Ort kennenlernen können. 

Durch die Beschreibung des jeweils „eigenen Lieblingsortes“ der Teilnehmenden auf dem heimischen Hof gelang der Einstieg in die Konzeption einer betriebsspezifischen Lerneinheit recht zügig. Nur wer sich in seiner Umgebung wohl fühlt, kann dieses Gefühl auch auf andere übertragen und sie daran teilhaben lassen. Wer wird kommen (z. B. Schülerinnen und Schüler verschiedener Schularten und -stufen)? Wen werde ich auf meinem Hof begrüßen (z. B. Schüler und Lehrer verschiedener Unterrichtsfächer und weitere Begleitpersonen)? Eine individuelle Zielgruppenanalyse war damit der nächste Schritt zur konkreteren Entwicklung einer eigenen Lerneinheit. Maria Caesar, Koordinatorin des Projekts „Lernort Bauernhof“, beendete den ersten Tag, indem sie den Teilnehmenden fachlich fundiert die allgemeinen Inhalte und Hintergründe sowie Anforderungen des Projekts LOB erläuterte.

Die beiden folgenden Tage waren gefüllt mit der Erstellung von eigenen Lerneinheiten. Dies gelang dank der Technik in wechselnden Kleingruppen, nachdem zuvor die theoretischen Grundlagen in der großen Gruppe vermittelt wurden. Der Nachmittag des zweiten Tages stand ganz im Zeichen der Bildung für nachhaltige Entwicklung, dem elementaren Grundgedanken der Bauernhofpädagogik. Dr. Anja Kofahl von der Naturschule „in natura“ aus Mecklenburg-Vorpommern führte in die Geschichte und Entwicklung des „Nachhaltigkeits-Begriffs“ ein. Sie spannte den Bogen von der globalen Sicht bis hin zur greifbaren Umsetzung von Themen in der Bauernhofpädagogik. 

Bei aller Vorfreude auf den Tag, an dem die Kinder endlich wieder auf den Hof kommen dürfen, war die Frage nach dem Wann und Wie bei allen Teilnehmenden die ganze Zeit in den Köpfen. Verbunden damit war die Sorge, ob überhaupt Gruppen kommen werden. Dass etwas gehen kann, wenn nichts zu gehen scheint, konnte Petra Paul vom Biohof Haller aus Wangen im Allgäu ansprechend zeigen. Sie stellte ihr „Hoffenster“ mit allerlei Geschichten, Bastelideen und Einblicken in die Natur und Landwirtschaft vor. Als frisch zertifizierte Bauernhofpädagogin machte sie allen Mut, weiter zu machen und sich nicht von der Pandemie einschüchtern zu lassen.

Im Rahmen der Abschlussevaluation wurde deutlich, dass das Onlineformat gerade für Mütter mit kleinen Kindern Vorteile bietet. Dennoch freuen sich alle darauf, sich Mitte Juni zum zweiten Modul hoffentlich in Präsenz noch einmal neu und definitiv „anders“ kennenzulernen. 

Hintergrundinformation
Mit dem „Lernort Bauernhof“ unterstützt das Land Rheinland-Pfalz ein außerschulisches Lernangebot auf Bauern- und Winzerhöfen für Schülerinnen und Schüler aller Klassen- und Schulstufen an allgemeinbildenden Schulen im ganzen Land. Die Maßnahme wird im Rahmen des rheinland-pfälzischen ELER-Entwicklungsprogramms „Umweltmaßnahmen, Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft, Ernährung“ (EULLE) vom Land, vertreten durch das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des Ländlichen Raumes (ELER) finanziert. Die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz wurde mit der Umsetzung beauftragt und bietet Fortbildungen für Betriebsleitende und Lehrkräfte an, organisiert Schulungen und ist für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Kontakt: Maria.Caesar(at)lwk-rlp.de.

Dr. Theresa Scheu