Die Auswirkungen der Anlagenverordnung AwSV auf landwirtschaftliche Betriebe

Nach langjährigen Abstimmungsrunden über neue Regelungen bezüglich des Düngerechts und Anlagen zum Lagern von Jauche, Gülle und Silagesickersaftanlagen (JGS-Anlagen) ist nun seit dem 18. April 2017 die bundesweit gültige Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) und seit dem 26.5.2017 die Düngeverordnung (DüV) geltendes Recht.

Die bisher geltende Landesverordnung über Anforderungen an Anlagen zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle, Silagesickersäften, Festmist und Silagen (JGSV-Verordnung) vom 25.11.2005 gilt nun nicht mehr. 

Rechtlicher Rahmen

Durch die nun vorliegenden Bundesgesetze wird eine einheitliche Grundlage für den Bau und Betrieb von Anlagen zum Lagern von Jauche-, Gülle- und Silagesickersaft-anlagen (JGS-Anlagen) geschaffen. Damit entfallen sämtliche Einzelregelungen, die bisher für diesen Bereich in den Bundesländern galten (z.B. JGSF-Verordnung in Rheinland-Pfalz). Zu den nun o.g. geltenden Verordnungen liegen noch weitere Technische Regeln wassergefährdender Stoffe (TRwS) im Entwurf (Gelbdruck) vor, die die Beurteilungsbasis für JGS-Anlagen ergänzen werden. Dies sind zum einen die TRwS 792 JGS-Anlagen und die TRwS 793 Biogasanlagen. In Rheinland-Pfalz geht die Obere Wasserbehörde (Struktur- und Genehmigungsdirektion) bereits heute davon aus, dass der bestmögliche Schutz der Gewässer nur dann erreicht wird, wenn auch die Anforderungen aus der TRwS 792 (Entwurf vom 26.7.2017) eingehalten werden. Die endgültige Version kann allerdings davon auch nochmals abweichen. 

AwSV-Definitionen für einzelne Bereiche - Anlagenbegriff?

Gleich zu Beginn werden die verwendeten Begriffe in 33 Einzelbereichen definiert. So ist u.a. genau beschrieben, was "Jauche- Gülle- und Silagesickersaftanlagen (JGS-Anlagen)", "Erdbecken", "Biogasanlagen" oder "Gärsubstrate landwirtschaftlicher Herkunft zur Gewinnung von Biogas" sind. JGS-Anlagen sind Anlagen zum Lagern und Abfüllen ausschließlich von Wirtschaftsdünger (Gülle oder Festmist), Jauche, tierische Ausscheidungen nicht landwirtschaftlicher Herkunft, Silagesickersaft oder Silage. Diese Stoffe gelten, ebenso wie Gärsubstrate landwirtschaftlicher Herkunft und Gärreste, als allgemein wassergefährdend. 

Zu Beginn der Verordnung wird auch beschrieben, was eine Anlage ist. Dies sind selbstständige und ortsfeste oder ortsfest benutzte Einheiten, in denen wassergefährdende Stoffe gelagert, abgefüllt, umgeschlagen, hergestellt oder ... verwendet werden, sowie Rohrleitungsanlagen. Als ortsfest oder ortsfest benutzt gelten Einheiten, wenn sie länger als ein halbes Jahr an einem Ort zu einem bestimmten betrieblichen Zweck betrieben werden. Anlagen können aus mehreren Anlagenteilen bestehen. 

Eingeschränkter Geltungsbereich des Hauptteils

Die JGS-Anlagen sind im Grundsatz aus dem Hauptteil der AwSV herausgenommen worden. Daher gibt es zur AwSV nun eine Anlage 7 bzgl. "Anforderungen an Jauche-, Gülle- und Silagesickersaftanlagen". Dies gilt nicht für Biogasanlagen, die noch im Hauptteil behandelt werden. Aus dem Hauptteil gelten nur noch die Vorgaben zu den "behördlichen Anordnungen", die "Pflichten bei Betriebsstörungen und die Instandsetzung" und der "Abstand zu Trinkwasserbrunnen, Quellen und oberirdischen Gewässern". 

Eine behördliche Anordnung kann weitergehende Anforderungen an eine Anlage stellen, wenn ansonsten die Anforderungen an den Gewässerschutz nicht erfüllt werden. Die Anlage kann auch untersagt werden oder es können weitere Beobachtungmaßnahmen gefordert werden. Sie kann aber auch Ausnahmen von den Anforderungen zulassen. Bei Betriebsstörungen hat der Betreiber unverzüglich Maßnahmen zur Schadenbegrenzung zu ergreifen - notfalls muss die Anlage entleert werden. Das Austreten wassergefährdender Stoffe in einer nicht nur unerheblichen Menge muss der Wasserbehörde oder der Polizei angezeigt werden. Diese Verpflichtung besteht auch beim Verdacht, dass Stoffe bereits ausgetreten sind. Betreiber von Wasserversogern oder der nächsten Abwasserbehandlungsanlage sind zu unterrichten. Zu Quellen oder Brunnen, die der Trinkwassergewinnung dienen, sind grundsätzlich Abstände von 50 m, zu oberirdischen Gewässern sind mindestens 20 m einzuhalten. 

Die Grundsätze Anlage 7 der AwSV

Die genauen Anforderungen an JGS-Anlagen sind nun in der Anlage 7 zur AwSV beschrieben. Hier gibt es nochmals eine genauere Definition von JGS. Dies sind ins­besondere Behälter, Sammelgruben, Erdbecken, Silos, Fahrsilos, Güllekeller und -kanäle, Festmistplatten, Abfüllflächen mit den zugehörigen Rohrleitungen, Sicherheitseinrichtungen, Fugenabdichtungen, Beschichtungen und Auskleidungen. Als Sammeleinrichtungen zählen Entmistungskanäle und -leitungen, Vorgruben, Pumpstationen sowie die Zuleitung zur Vorgrube, sofern sie nicht regelmäßig eingestaut sind. 

Anlagen sind so zu beschaffen, dass wassergefährdende Stoffe nicht austreten können, Undichtigkeiten erkennbar sind, austretende allgemein wassergefährdende Stoffe schnell und zuverlässig erkannt werden und bei einer Betriebsstörung austretende Gemische ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder beseitigt werden. 

Einwandige JGS-Lageranlagen für flüssige Stoffe mit mehr als 25 m³ müssen mit einem Leckageerkennungssystem ausgerüstet sein. Einwandige Rohrleitungen sind zulässig, wenn sie den technischen Regeln entsprechen. Sammel- und Lagereinrichtungen sind in die Leckage einzubeziehen. Unter Ställen kann gem. TRwS 792 darauf verzichtet werden, wenn die max. Stauhöhe von 75 cm bei Schweinen bzw. 100 cm bei Rindvieh nicht überschritten wird und die Anlage dicht ist. Es werden weitere Anforderungen an Anlagen zum Lagern von Festmist und Silage und an Abfülleinrichtungen beschrieben. Genauere technische Ausführungshinweise finden sich dann jedoch wiederum in der TRwS 792 (siehe oben). 

Betonbauweisen

Für Bauweisen in JGS-Anlagen aus Beton gibt es zahlreiche Normen, die die Anforderungen an die Bauweise beschreiben. Speziell für die Landwirtschaft sind hier die DIN 11622, Teile 2, 4, 5 und 22 zu benennen. Diese ist als Technische Baubestimmung eingeführt und somit Grundlage für die Planung. Hier muss der Verarbeiter bestätigen, dass er gemäß den geltenden Vorgaben die Bauteile hergestellt und eingebaut hat. Über das Betoninformationszentrum können sehr detaillierte Informationen zum Bauen mit Beton abgerufen werden (www.beton.org). An dieser Stelle soll ebenfalls auf den Bauteilkatalog als Planungshilfe verwiesen werden. 

Zugelassene Bauprodukte

Ansonsten dürfen nur Bauprodukte, Bauarten oder Bausätze verwenden werden, für die Verwendbarkeitsnachweise unter Berücksichtigung wasserrechtlicher Anforderungen vorliegen. Dies betrifft u.a. Erdbecken, Auskleidungen, Beschichtungen, Fugen, Kunststoffbehälter, Rohre und Leckageerkennungssysteme. Grundsätzlich ist das Deutsche Institut für Bautechnik in Berlin dafür zuständig, die Zulassungen zu erteilen. Holzbehälter sind nun nicht mehr zulässig. 

Auf der Internetseite des Fraunhofer Instituts (www.irb.fraunhofer.de/bzp/) kann mit Hilfe der Suche nach "Jauche oder Silage oder JGS" eine Auflistung der zugelassenen Bauprodukte gefunden werden. Der Markt hält bislang leider nur wenige Bauprodukte für diesen speziellen Anwendungsbereich bereit. Daher kann man sich bisher nur damit behelfen, vom Hersteller eine Bestätigung über die chemische Beständigkeit gegenüber Jauche, Gülle, Silagesickersäften, die mechanische Beständigkeit, die UV-Beständigkeit und die physiologische Unbedenklichkeit zu bekommen. 

Auch Asphalt muss in Zukunft eine Zulassung vorweisen. Die Asphaltindustrie (www.asphalt.de) bietet umfassende Informationen zum richtigen Einsatz von Asphalt in JGS-Anlagen. Die Grundlagen, z.B. ZTV Asphalt oder TL Asphalt, sind beim Bau zu vereinbaren und auch zu kontrollieren. Es muss in jedem Fall auf die richtige Mischgutzusammensetzung, die richtige Ausführung der Fuge zum aufgehenden Bauteil sowie die fachgerechte Nahtausbildung zwischen den einzelnen Asphaltbahnen geachtet werden. 

Die Genehmigungspflicht der JGS-Anlagen

Eine neue Größengrenze ist hinzugekommen, die es bislang so nicht gab. Erst bei Anlagen zum Lagern von Silagesickersaft ab 25 m³, sonstige JGS-Anlagen mit einem Gesamtvolumen ab 500 m³ und Anlagen zum Lagern von Festmist oder Siliergut mit einem Volumen ab 1.000 m³ (anzeigepflichtige Anlagen) werden bestimmte Anforderungen gestellt. Soll eine solche Anlage errichtet, stillgelegt oder wesentlich geändert werden hat der Betreiber der Unteren Wasserbehörde dies mind. 6 Wochen im Voraus schriftlich anzuzeigen. In Rheinland-Pfalz ist dies jedoch nur für landwirtschaftliche Fahrsilos relevant, da alle anderen Bauwerke gem. Landesbauordnung sowieso baurechtlich genehmigungspflichtig sind. Die wasserrechtlichen Belange werden ansonsten im Bauantrags- oder BImSchG-Verfahren abgehandelt. 

Sachverständige und Fachbetriebe

Bei anzeigepflichtigen Anlagen (über 25, 500 bzw. 1.000 m³) muss der Betreiber beim Errichten oder Instandsetzen einen Fachbetrieb beauftragen. Ein Fachbetrieb muss durch eine Sachverständigenorganisation oder eine Güte- und Überwachungsgemeinschaft zertifiziert sein. Sie ist auf zwei Jahre befristet. Dabei muss der Fachbetrieb das Personal mit der nötigen Sachkunde vorhalten und über die nötigen Geräte und Ausrüstungsteile verfügen. Die verantwortlichen Personen müssen mindestens alle zwei Jahre geschult werden. Die Fachbetriebseigenschaft ist unaufgefordert bei Beauftragung dem Betreiber mittels der Urkunde oder einer beglaubigten Kopie nachzuweisen. Ein Fachbetrieb kann bundesweit tätig sein. 

Anzeigepflichtige Anlagen müssen vor Inbetriebnahme und auf Anordnung der zuständigen Behörde durch einen Sachverständigen geprüft werden. Erdbecken müssen dann wiederkehrend alle 5 Jahre, in Wasserschutzgebieten alle 30 Monate geprüft werden. Die Anordnung der Behörde zur Sachverständigenprüfung kann Bestandsanlagen nur beim Verdacht erheblicher oder gefährlicher Mängel treffen. 

Ein Sachverständiger ist durch eine Sachverständigenorganisation zu bestellen. Die Sachverständigenorganisation an sich ist durch die zuständige Behörde anzuerkennen. In Rheinland-Pfalz ist dies das Umweltministerium. Ein anerkannter Sachverständiger kann bundesweit tätig werden. Kapitel 4 der AwSV hält ausführliche Regelungen u.a. zu den Sachverständigen und Fachbetrieben bereit. 

Der Sachverständige fertigt einen Prüfbericht mit den Klassen "ohne Mangel", "mit geringfügigem, erheblichem oder gefährlichem Mangel" an. Dieser muss der zuständigen Behörde 4 Wochen nach der Prüfung vorgelegt werden. Je nach Ergebnis sind die Mängel zu beseitigen - ggfs. mithilfe eines Fachbetriebs. Evtl. ist eine Nachprüfung durch den Sachverständigen nötig. Bei gefährlichen Mängeln ist die Anlage außer Betrieb zu nehmen und nach Erforderlichkeit zu entleeren. 

Bestehende Anlagen

Anlagen, die am 1. August 2017 bereits errichtet sind, gelten als bestehende Anlagen. Die "Pflichten bei Betriebsstörungen und die Instandsetzung" (siehe oben) gel­ten auch für bestehende Anlagen. Zudem müssen Bestandsanlagen beim Befüll- und Entleerungsvorgang - genau wie Neuanlagen - den Vorgang überwachen und die Sicherheitseinrichtungen überprüfen. Die Belastungsgrenzen dürfen nicht überschritten werden. Die Anzeigepflicht zum Errichten, Stilllegen oder bei wesentlichen Änderungen gilt auch für Bestandsanlagen, wenn die Größengrenzen überschritten werden. Weiterhin werden die Eigenkontrolle und die Meldung bei Betriebsstörungen auch bei Bestandsanlagen gefordert. 

Bei bestehenden Anlagen mit einem Volumen von mehr als 1.500 m³ kann die Wasserbehörde technische oder organisatorische Anpassungsmaßnahmen anordnen. Diese werden dann wiederum durch die TRwS konkretisiert und sind z.B. Füllstandsmessungen, Sichtprüfungen, Grundwassermessstellen oder bauliche Nachrüstungen. Die Behörde kann keine Stilllegung, Beseitigung oder Anpassungsmaßnahmen verlangen, die einer Neuerrichtung gleichkommen. 

Anforderungen in besonderen Gebieten

In Wasserschutzgebieten dürfen in der Fassungszone und der engeren Zone keine JGS-Anlagen errichtet und betrieben werden. Die Behörde kann Befreiungen erteilen, wenn u.a. der Schutzzweck nicht beeinträchtigt wird. In Überschwemmungsgebieten dürfen Anlagen nur errichtet werden, wenn sie nicht aufschwimmen und wassergefährdende Stoffe nicht austreten und in Gewässer gelangen können. Die Wasserschutz- und Überschwemmungsgebiete sind öffentlich zugänglich (http://www.geoportal-wasser.rlp.de/servlet/is/8464/). Ansonsten empfiehlt sich der Kontakt zu zuständigen Wasserbehörde. 

Das Fassungsvermögen von JGS-Anlagen - Berechnung der Lagerkapazitäten

Bisher war die nötige Lagerkapazität für Jauche und Gülle von 6 Monaten für Rheinland-Pfalz in der JGSF-Verordnung gefordert. Da diese durch Inkrafttreten der AwSV nun nicht mehr gilt, sind die Anforderungen an die Lagerkapazität in der ebenfalls neuen Düngeverordnung geregelt. Die Düngeverordnung hält eine Tabelle bereit, die den Gülle-, Jauche- und Frischmistanfall für alle Tierarten angibt. Dort heißt es auch, dass flüssige Wirtschaftsdünger in einem Zeitraum von 6 Monaten, Festmist für 2 Monate sicher gelagert werden müssen. 

Darüber hinaus sind bei der Lagerung anfallende Mengen an Niederschlages- und Abwasser sowie Silagesickersäfte und verbleibende Lagermengen, die betriebsmäßig nicht abgepumpt werden können, zu berücksichtigen. Die TRwS 792 gibt zudem Hinweise zu möglichen Verdunstungsanteilen und zu drei verschiedenen nötigen Freibords. Da in den Berechnungen viele Details zu beachten sind, bietet die Landwirtschaftskammer schon seit Jahren die gesamte Berechnung der Lagerkapazitäten für den jeweiligen Betrieb an. Diese wird auch seitens der Wasserbehörden anerkannt. 

Fazit

Die bundeseinheitlichen Regelungen bringen einige Neuerungen für landwirtschaftliche Betriebe mit sich. Neu ist die Anforderung, Fachbetriebe und Sachverständige in bestimmten Fällen zu beauftragen. Es ist davon auszugehen, dass in Zukunft stärker auf die Verwendung sicherer Bauprodukte geachtet werden wird. Welche Anpassungsmaßnahmen für Bestandsanlagen gefordert werden können, muss die Praxis zeigen. Für die Umsetzung der neuen Regelungen ist mit Sicherheit Augenmaß nötig, um den Betrieben keine unzumutbaren Anforderungen mit auf den Weg zu geben. 

Dipl.-Ing. Arch. (FH) Simone Hamann-Lahr 

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