Das Geld muss mit den Getränken verdient werden

In der Gastronomie die Getränkepreise richtig kalkulieren

Ein beliebtes Diskussionsthema der Gäste sind die Getränkepreise in der Gastronomie. Gleichzeitig ist deren Kalkulation eine anspruchsvolle Aufgabe für alle Gastronomen. Welche Kosten über den Getränkeausschank gedeckt werden müssen, zeigt Hildegard Runkel von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz.

Viele Betreiber und Betreiberinnen eines gastronomischen Angebotes auf dem Bauernhof oder dem Winzerhof kennen den Ausspruch der Gäste „Die Flasche Wasser für 5,50 € – das ist doch Abzocke!“ Dahinter steht der Gedanke, dass im Einkauf die Flasche Wasser 50 Cent kostet und somit der elffache Preis ja nur noch dem Wohlstand des Gastronomen dienen kann, so urteilen zumindest manche Gäste. Die Betriebe im Gastgewerbe müssen jedoch über den Einkaufspreis hinaus noch weitere Kosten für die Getränke im Ausschank decken und diese in den Preis einkalkulieren. Die Kosten dafür lassen sich grob in vier verschiedene Kategorien unterteilen.

Kategorie 1: Warenkosten

Bei der Getränkekalkulation sind die Warenkosten, wie am Beispiel Wasser schon verdeutlicht, relativ gering. Wasser und Softgetränke sind im Einkauf günstig und gut lagerbar. Beim Fassbier jedoch kann es zu Schankverlusten kommen, die die Warenkosten je Glas erhöhen. Beim Wein leidet bedingt durch den Sauerstoffeintrag die Aromatik, wenn die Flasche zu lange geöffnet ist. Dieses Problem umgehen Gastronomen, indem sie gängige Weine im offenen Sortiment präsentieren und weitere Weine nur flaschenweise anbieten. Gutsschänken sind eigenständige gewerbliche Betriebszweige, die den Flaschenwein im Weingut zukaufen. Auch hier sollten die Preise so gestaltet werden, dass sowohl das Weingut als auch die Gutsschänke entsprechende Gewinne generieren können. Beide Betriebszweige verursachen Kosten, die gedeckt werden müssen.

Kategorie 2: Gemeinkosten

In den klassischen Kalkulationsmodellen werden unter den Gemeinkosten alle weiteren Kosten zusammengefasst, die ein Gastronom zu tragen hat. Hierzu gehören zunächst die Kosten, die durch das Gebäude entstehen. Entweder muss der Gastronom Miete zahlen oder er verfügt über selbst genutzte Räume, die in der Regel nicht weniger günstig sind als Mietobjekte. Daher erfasst die Abschreibung den Wertverlust von Gebäuden, der Einrichtung sowie der Ausstattung. Diese Kosten belasten die Geldbörse des Gastronomen nicht täglich, jedoch am Jahresende in erheblicher Höhe. Sie werden häufig bei der Kalkulation von Getränkepreisen nur unzureichend berücksichtigt.

Bleiben diese kalkulatorischen Kosten unberücksichtigt, so ist der Betrieb nach der kalkulierten Nutzungsdauer nicht dazu in der Lage, eine neue zeitgemäße Einrichtung oder Küchenausstattung zu kaufen, geschweige denn, ein neues Objekt zu erbauen. Bei den steigenden Gästeerwartungen führt dies im Laufe der Zeit zu einer nachlassenden Nachfrage, somit zu sinkenden Umsätzen und im Laufe der Jahre durchaus zu der Situation, dass ein Betrieb nicht mehr in der Lage ist, neue Investitionen zu tätigen. Auch Instandhaltungskosten, zum Beispiel für die Reparatur der Gläserspülmaschine, des Daches oder der Schankanlage, müssen letztendlich durch den Getränkeverkauf mitfinanziert werden.

Eine Auswertung von gastronomischen Abschlüssen der „Creuznacher Betriebsberatungsgesellschaft“ zeigt auf, dass bei einem Restaurant mit einem Nettoumsatz von 314.000 € jährlich durchschnittliche Kosten in Höhe von über 25.000 € für Abschreibung und Instandhaltung entstehen. Gastronomische Betriebe, die ein neues hochwertiges Angebot geschaffen haben, müssen hier jedoch deutlich höhere Aufwendungen ansetzen.

Zinszahlungen, Energie, Wasser, Abwasser, Steuern, Gebühren, Versicherungen, Beiträge, Rechts- und Beratungskosten, Kfz-Kosten, Reinigungsmittel, Tischwäsche, Servietten, Dekoration, Blumenschmuck, Bepflanzung im Außenbereich, Büro, Porto und Telefon sind unter anderem weitere Kosten, die auch über die Getränkepreise anteilig getragen werden müssen. Aktuell müssen zusätzlich Desinfektionsmittel und höhere Gebühren durch den gestiegenen Anteil an bargeldlosen Zahlungen berücksichtigt werden.

Ein coronabedingtes geringeres Platzangebot führt zu höheren Kosten je Gast, denn die festen Kosten zum Beispiel für die Abschreibung, Versicherungen und Gebühren fallen jährlich in gleicher Höhe an. Werden weniger Gäste bewirtet, steigen die Kosten je Gast entsprechend an. Voraussichtlich werden hiervon insbesondere Betriebe mit einem überwiegenden Anteil an Innensitzplätzen, sowie mit wenigen oder nicht erweiterbaren Außensitzplätzen betroffen sein.

Personalplanung im Fokus

Die Personalkosten für Köche, Küchenhilfen, Servicekräfte, Reinigungspersonal und bei größeren Häusern für Restaurantleitung und Verwaltungskräfte sind ein weiterer großer Kostenblock. Ziel der Betriebe ist es hier, dass die Personalkosten gemessen am Nettoumsatz der Gastronomie die Hürde von 30 % nicht übersteigen. Dies ist in der Praxis nicht immer realisierbar und fordert hohes Geschick in der Personalplanung. Zudem ist es eine große Herausforderung, geeignetes Personal zu finden. Auch die coronabedingten Auflagen führen zu einem erhöhten Personalaufwand, der gedeckt und finanziert werden muss. Neben dem Gehalt für die Mitarbeiter müssen auch die Lohnzusatzkosten getragen werden. Diese erhöhen die Lohnkosten für das Unternehmen bei sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen um gut 20 % und bei Minijobbern um gut 30 %. Fortbildungen für Mitarbeiter, Arbeitskleidung sowie die Lohnbuchhaltung verursachen weitere Kosten.

Zur Kosteneinsparung und deutlichen Effizienzsteigerung kann insbesondere in Betrieben mit großzügigem Außenbereich der Einsatz mobiler Kassensysteme mit Handgeräten zur Bestellaufnahme und automatischer Weiterleitung der Bestellung in die Küche und an die Theke beitragen. Die Servicekräfte erfahren hier eine deutliche Entlastung.

Kategorie 3 und 4: Gewinn und Mehrwertsteuer

Bis hierher sind alle Kosten aufgeführt, die ein Gastronom zu tragen hat. Der Unternehmer selbst, beziehungsweise häufig die Unternehmerfamilie, hat jedoch noch kein Entgelt für die eigene erbrachte Arbeitszeit erwirtschaftet. Dieses wird in der klassischen Kalkulation über einen Gewinnaufschlag berücksichtigt. Der Gewinn dient der Entlohnung des Betriebsleiters und aller anderen, unentgeltlich in der Winzerhofgastronomie mitwirkenden Familienarbeitskräfte. Hieraus ist der private Lebensunterhalt, inklusive privatem Wohnen, zu tragen. Es müssen private Versicherungen und die private Altersvorsorge finanziert werden und auch die privaten Steuern müssen aus dem Gewinn getätigt werden. Gerade im letzten Jahr ist einem bewusst geworden, wie wichtig es ist, Rücklagen zu bilden. Zudem sind Darlehenstilgungen betriebswirtschaftlich betrachtet aus dem Gewinn zu tätigen.

Bei der Kalkulation wird die Mehrwertsteuer im letzten Schritt berücksichtigt. Diese beträgt für Getränke 19 %. Speisen sind vom 1.1.2021 bis 31.12.2022 mit 7 % Mehrwertsteuer zu besteuern.

Getränke sind Umsatzbringer

Bei der Kalkulation von Speisen entstehen in der Regel deutlich höhere Kosten als beim Getränkeausschank, da insbesondere ein höherer Personalaufwand durch die Speisenzubereitung verursacht wird. Daneben sind die Warenkosten höher und auch die Gefahr von Warenverlusten ist gegeben, da insbesondere frische Lebensmittel schlechter zu lagern sind. Betreiber von Gutsschänken, Straußwirtschafen und Vinotheken sowie von Bauernhofcafés und weiteren gastronomischen Angeboten auf dem Hof sollten daher ihre Getränke nicht zu günstig anbieten und auch aktiv bemüht sein, den Gast immer zeitnah nach Getränkewünschen zu fragen.

Es wird deutlich, dass auf jedem Getränk eine hohe Kostenbelastung liegt. Da eine Kostendeckung beim Speisenangebot schwieriger zu erreichen ist, wird klar, dass die Getränke die Umsatzbringer in der Gastronomie sind. Neben einer guten Preiskalkulation ist die Anzahl der verkauften Getränke je Gast entscheidend. 

Tipps für den Service

Es gibt verschiedene Tipps, die im Service berücksichtigt werden sollten. Wenn der Gast Platz genommen hat, sollte man relativ zeitnah nach dem Getränkewunsch fragen. Ausschweifungen wie „Möchten Sie schon etwas trinken?“ sollten nicht gewählt werden, denn sie geben dem Gast die Möglichkeit, erst später etwas zu bestellen. Es ist selbstverständlich, dass man einkehrt, um etwas zu trinken und in der Regel auch etwas zu essen. Grundsätzlich fällt es immer leichter Produkte zu empfehlen, von denen man selbst begeistert ist. Das erhöht die Authentizität im Gespräch. Wenn man selbst von dem neuen Wein im Sortiment überzeugt ist, kann man diesen gut und überzeugend beschreiben und die Chancen steigen deutlich, das Produkt zu verkaufen.

Viele Softgetränke oder auch Kaffee werden gerne in zwei Größen angeboten. Bestellt ein Gast ein Softgetränk, dann fragt die Servicekraft „Ein großes?“. Diese geschlossene Frage führt häufig dazu, dass der Gast dem zustimmt. Wird dem Gast mit der Frage „Darf es ein großes oder kleines Getränk sein?“ die Wahl gelassen, werden tendenziell mehr kleinere Getränke verkauft. Bestellen die Gäste Wein, so kann mit einer gewissen Selbstverständlichkeit gefragt werden: „Darf ich eine Flasche Wasser dazu servieren?“. Auch dies fällt deutlich leichter, wenn man selbst davon überzeugt ist, dass man ein Glas Wein nicht ohne Wasser dazu trinken sollte. Eine passende Weinempfehlung zur Speise sollte selbstverständlich sein. Fragen wie „Was darf ich Ihnen bringen?“ suggerieren dem Gast unbewusst noch eine Bestellung zu tätigen, während die Frage „Möchten Sie noch etwas trinken?“ weniger verbindlich ist.

Häufig liegt im Alltag aber das Problem vor, dass die Servicekräfte zu beschäftigt sind, um überhaupt Getränkewünsche der Gäste am Tisch entgegen zu nehmen. Diese absoluten Basics müssen jedoch unbedingt in jedem gastronomischen Betrieb funktionieren.

Es gibt also viele Möglichkeiten, auf den Getränkeumsatz Einfluss zu nehmen. Für ein erfolgreiches gastronomisches Angebot ist der Getränkeerlös von entscheidender Bedeutung und kann mit über den Erfolg oder Misserfolg der Gastronomie entscheiden. Zudem schätzen Gäste einen guten Service und das Gefühl umsorgt und verwöhnt zu werden. Fühlt der Gast sich wohl, kommt er auch gerne wieder oder empfiehlt die Gutsschänke weiter.

Für viele Betriebe ist es Zeit, die Getränkepreise anzupassen

Es wurde deutlich, dass auf jedem Getränk eine hohe Kostenbelastung liegt, die coronabedingt in der Mehrzahl der Betriebe nochmals leicht gestiegen ist. Zudem müssen zwingend ausreichende Gewinne für die Betriebsleiterfamilie erwirtschaftet werden. Denn neben den zahlreichen Kosten müssen auch die private Lebenshaltung, private Steuern und Versicherungen getragen werden.

Für viele Betriebe ist es an der Zeit, die Preise anzupassen. Gleiches gilt für Vereine, die gelegentlich mit besonders niedrigen Getränkepreisen aufwarten und es dadurch den Gastronomen schwer machen. Auch hier ist es schön, wenn der ehrenamtliche Einsatz sich lohnt und die Vereinskasse wieder aufgefüllt wird. Daher sollten Getränke gewinnbringend kalkuliert und durch einen geschulten Service aktiv, freundlich und professionell den Gästen angeboten werden.