Braugerstenrundfahrt 2014 – Wasser absolut der begrenzende Faktor!

Zur diesjährigen 66. Braugerstenrundfahrt der Fördergemeinschaft Braugerste Rheinland-Pfalz e.V. trafen sich die Erzeuger, der Handel, die Mälzer und die Brauer auf dem Hunsrück in der Region Kirchberg

Gastgeber der Veranstaltung war der Landhandelsbetrieb Piroth & Schreiner GmbH. Fast 70 Teilnehmer haben sich an diesem Tag Zeit genommen, um sich ein Bild über den Entwicklungsstand der Braugerste zu machen. Intensiv tauschten sich die Vertreter der Wertschöpfungskette über die neuen Sorten im Vergleich mit den Alten aus. 

Der Vizepräsident der Landwirtschaftskammer und Vorsitzende der Förderge-meinschaft Heribert Metternich eröffnete die Veranstaltung und begrüßte die Teilnehmer auf das herzlichste. Besonders begrüßte er Arnold Schmitt MdL (CDU), den Landrat des Rhein-Hunsrück-Kreises Bertram Fleck, den Bürgermeister der Gemeinde Fronhofen, Günter Steffens, als Vertreter des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten, Christof Wiesner sowie vom Dienstleistungszentraum Ländlicher Raum (DLR) Rheinhessen-Nahe-Hunsrück Paul Frowein.

In seiner Begrüßungsrede verwies Metternich zunächst auf den nassen Herbst, der die Bestellung der Wintersaaten erschwerte sowie den ausbleibenden Frost, der zu einer ungenügenden Wintergare führte. "Deshalb fanden wir Ackerbauern zur Frühjahrsaussaat oft einen grobscholligen Bodenzustand an", stellte Metternich fest.  Die Trockenheit im zeitigen Frühjahr erlaubte vereinzelt schon Ende Februar die ersten Aussaaten , führte wegen ausbleibenden Niederschlägen allerdings zu einem uneinheitlichen Auflaufen  der Getreidepflanzen. Ende April kam dann der ersehnte Regen, sodass die noch nicht gekeimten Körner "erwachen" konnten und auch eine ordentliche Bestockung der Bestände ermöglichte. Spätfröste blieben aus und der kühle Mai mit schauerartigem, aber leider nicht flächendeckendem, Regen war günstig für die weitere Entwicklung. 

Die Sommergerste hat an der Ackerfläche einen Anteil von 10 % und an der Getreidefläche sind es 17 %. Mit den 41.200 ha ist die Fläche um 2.580 ha angestiegen. Ursächlich hierfür ist nach Ansicht des Vorsitzenden der nasse Herbst 2013, der eine Bestellung mit Winterungen nur eingeschränkt zulies.

Die Hälfte der Anbaufläche wurde mit der Sorte Propino bestellt. Bis auf wenige Prozent, die auf die restlichen Sorten entfallen, teilen sich die zweite Hälfte der Braugerstenfläche die Sorten Marthe und Catamaran.

Zu der Situation bei der Vermarktung von Braugerste teilte Metternich mit, dass der aktuelle Preis bei 185 €/t liege. Zur Futtergerste besteht ein Abstand von rund 45 €/t. Dieser Mehrerlös gleicht die geringeren Erträge und das Risiko beim Eiweißgehalt aus, so dass der Anbau von Braugerste sich im Vergleich mit der Wintergerste  besser rechnet. "Da die Versorgung mit letztjähriger Braugerste noch gut ist und eine gute Getreideernte erwartet wird, hält sich der Handel mit Preisangeboten sehr zurück", stellte der Vorsitzende zur anstehenden Preisfindung fest.

Er forderte alle Beteiligten auf, ihren Beitrag dafür zu leisten, dass Anbau, Sorten, Qualitäten und die Verarbeitung die besten Biere auf den Markt bringen. "Der heutige Tag bietet die Gelegenheit, sich über die Eigenschaften der Braugersten, der Ernteerwartung und der möglichen Preise für Gerste und Malz intensiv auszutauschen", so Metternich abschließend. 

Die Fahrt führte zunächst zu den Braugerstenfeldern des TA-Anbaus nach Grenderich.  Hier werden im großtechnischen Anbau neue Sorten erprobt, um Erfahrungen für den späteren Anbau in der breiten Praxis sammeln zu können. Jürgen Wilhelms aus Liesenich stellte die Bestände vor und ging dabei auf die natürlichen Standortbedingungen und insbesondere auf die neue Sorte Avalon ein.

Nach schwierigen Startbedingungen wegen des trockenen Winters und fehlender Niederschläge nach der Aussaat, ist das Saatgut sehr unterschiedlich aufgelaufen. Durch die Regenfälle Ende April und Anfang Mai erholten sich die Getreidefelder. Die Braugerste habe sich besser bestockt als erwartet, bemerkte der Landwirt. Deshalb sahen die Teilnehmer der Rundfahrt ansprechende Braugerstenfelder mit durchschnittlicher Bestandsdichte. Auch machten die Gerstenfelder einen gesunden Eindruck. Wegen der Trockenheit konnten sich die pilzlichen Krankheiten kaum entwickeln.    

Nach dieser Station fuhren die Teilnehmer weiter zum Betrieb Günter Steffens in Fronhofen. In der Maschinenhalle wurden zunächst Getränke und ein kleiner Imbiss gereicht.

Anschließend wurden die Parzellen der Züchterhäuser mit den neuen Sorten angesteuert. Das Saatgut von 12 Sorten wurde der Braugerstengemeinschaft für diesen Versuchsanbau von den Züchterhäusern zur Verfügung gestellt.

Landwirt Steffens berichtete über die Aussaat, die Düngung und die Pflanzenschutzmaßnahmen. Alle Sorten standen prächtig da, obwohl das Wasser seit der Saat absolut knapp war. Der Regen erreichte in dieser Region in diesem Zeitraum nicht einmal die Hälfte eines normalen Jahres.

Allerdings gibt ein solches Bild keine Information über die "inneren Werte" einer Sorte. Diese brautechnischen Parameter werden über das sogenannte "Berliner Programm" (www.braugerstengemeinschaft.de) bestimmt. Durch halbtechnische Versuche werden diejenigen Sorten selektiert, die in ihrer Gesamterscheinung einen Fortschritt gegenüber dem bisherigen Sortenspektrum darstellen könnten. Durch Großversuchsanbau und Praxisverarbeitung werden die Eigenschaften  weiter geprüft und münden bei positivem Ergebnis in einer Anbauempfehlung durch eine Gruppe von Experten der Fördergemeinschaft Braugerste Rheinland-Pfalz e.V.

In diesem Jahr wurden folgende Sorten im Anbau präsentiert: Quench und Propino aus dem Hause Syngenta, GS 2715 der Firma Hauptsaaten, GS 2691 und Gesine des Züchterhauses Saaten-Union, Solist und Soulmate der IG Pflanzenzucht GmbH,   Avalon aus dem Hause Lantmännen,  GS 2714 von der Firma Breun, Catamaran  von KWS, Paustian von der BayWa und Planet, von der R.A.G.T. Saaten Deutschland. Die Vertreter der Züchterhäuser hatten die Gelegenheit, die Eigenschaften der neuen Sorten vorzustellen. 

Letzte Station war das Versuchsfeld des DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück (RNH) in Kümbdchen. Stefan Demand von der Versuchs- und Beratungseinheit (VBE) in Simmern informierte über die einzelnen Versuchsanstellungen.     

So werden von den einzelnen Kulturen verschiedene Sorten angebaut. Bei der Düngung und beim Pflanzenschutz werde unterschiedlich vorgegangen, erläuterte der Pflanzenbauexperte. Wiederum waren alle erstaunt, dass trotz der wenigen Niederschläge noch ordentliche Bestände zu sehen waren. Ein Teilnehmer brachte es auf den Punkt: "Was die Natur auch mit wenig Wasser noch hervorbringt, ist schon bemerkenswert". 

Anschließend fuhr die Gruppe zurück zum Landhändler Piroth & Schreiner. In der schon für die Aufnahme des Getreides hergerichteten Lagerhalle hielt Rudolf Engelmann, DLR RNH, VBE Simmern, einen Vortrag zum Thema: Braugerstenanbau in den Höhengebieten – wie steht es um die Wirtschaftlichkeit und den integrierten Pflanzenschutz? In seinen Ausführungen ging er zunächst auf den Anbauumfang der Kulturen im Rhein-Hunsrück-Kreis zeitlich gesehen ein. In den letzten Jahrzehnten sei die landwirtschaftliche Nutzfläche wegen des Flächenverbrauchs für Straßen, Industriegebiete und Wohnraum zurückgegangen. Da Grünland umgebrochen wurde, konnte die Ackerfläche zulegen. Auch bei der Bedeutung der Kulturen haben sich auch Veränderungen ergeben. Solche Pflanzen, die eine bessere Bodenrente ermöglichen, nahmen im Anbau zu oder kamen neu hinzu.

Der Braugerstenanbau habe sich in den letzten Jahrzehnten halbiert, bedauerte Engelmann. Weiter sprach er die Wirtschaftlichkeit der Ackerfrüchte an. Leider gehe der Trend immer stärker in Richtung mehr Wintergetreide. Die heutige Schlagkraft bei der Bestelltechnik ermögliche dies. Die besseren Deckungsbeiträge bei Winterraps, Wintergerste und Winterweizen fördern diese Entwicklung. Diese winterungslastigen Fruchtfolgen kämen aber immer mehr an ihre Grenzen. Nicht mehr bekämpfbare Gräser treten zunehmend auf als Konkurrenz zu Nährstoffen, Wasser und Licht. Außerdem werde die Qualität des Erntegutes unter dem Fremdbesatz ungünstig beeinflusst, betonte der Pflanzenbauexperte.

Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit verschiedener Fruchtfolgen erbrachten einen deutlich positiven Einfluss auf den Gesamtdeckungsbeitrag der Fruchtfolge mit Sommerbraugerste. Bei langfristiger Betrachtungsweise mit dem Ziel einer nachhaltigen und mit der Ökologie in Einklang stehenden Landwirtschaft werde die Sommergerste  wieder mehr in den Mittelpunkt treten. Davon ist Engelmann überzeugt. Die Vorteile lägen auf der Hand. Die Sommergerste benötige erheblich weniger Dünge- und Pflanzenschutzmittel als die Winterungen. "Damit wird die Umwelt entlastet, da naturbedingt immer "Nebenwirkungen" bei den Maßnahmen zu verzeichnen sind", betonte Engelmann. Stehen keine oder nur noch wenig wirksame Mittel zu Verfügung, so verschiebe sich die Wirtschaftlichkeit ganz schnell zu Gunsten der Sommergerste, schloss der Referent seinen äußerst interessanten Vortrag. 

Herr Dr. Stettner, Vorsitzender des Technischen Ausschusses der Fördergemein-schaft Braugerste  Rheinland-Pfalz e.V., zeigte sich in seinem Schlusswort erstaunt über die trotz knapper Wasserversorgung doch noch gut stehende Sommergerste. Welche Qualitäten dann letztlich geerntet würden, sei noch offen.

Abschließend bedankte er sich bei Herrn Piroth als Gastgeber und für die Überlassung der Box in der Lagerhalle. 

Zu danken ist ebenfalls den Mitarbeitern der Landwirtschaftskammer für die Organisation der Veranstaltung und der Staatlichen Beratung für die Mithilfe bei der Vorbereitung. Ein besonderes Dankeschön gilt  Herrn Engelmann für den Vortrag und die Mitarbeit beim "Feldführer", der in Zusammenarbeit mit der Landwirtschafts-kammer erstellt wurde. Dank auch an die Kirner Privatbrauerei für die Bereitstellung des Bieres. 

Karl Riedesser, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, Geschäftsstelle der Fördergemeinschaft Braugerste Rheinland-Pfalz e.V.