Bodenbearbeitungsversuche der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz

1998 startete ein Bodenbearbeitungsversuch der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, der bis 2016 fortgeführt wurde. Die Fragestellung lautete: Welche Auswirkungen haben unterschiedliche Bodenbearbeitungs- und Aussaatsysteme auf Ertrag und Produktqualität, Arbeitswirtschaft und Kostenstruktur?

Welche Bedeutung haben sie für Boden, Bodenleben, Bodenstruktur und Erosionsschutz? Insbesondere Langzeiteffekte sollten untersucht werden.

Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahre 2016 werden in Deutschland etwa 57 % des Ackerlandes konventionell, das heißt mit dem Pflug bearbeitet. Konservierende (pfluglose) Bearbeitung hat einen Anteil von 42 %, Direktsaatverfahren spielen mit knapp 1 Prozent Flächenanteil nur eine untergeordnete Rolle. Dabei nehmen Mulchsaatsysteme (konservierend) in den neuen Bundesländern mit 60 % einen höheren Stellenwert ein als im Westen auf etwa 30 % der Ackerfläche. In Rheinland-Pfalz verschiebt sich das Verhältnis zugunsten der Pflugsaat (61,8 %)  gegenüber Mulchsaat (38,1 %). Flächen ohne Bodenbearbeitung, insbesondere dauerhaft in Direktsaat bewirtschaftete Flächen, haben mit 0,1 % nur einen verschwindend geringen Anteil. Betrachtet man die Bodenbearbeitungsverfahren nach Betriebsgrößen, überwiegt insbesondere in Betrieben  unter 50 Hektar der Pflugeinsatz, während ab etwa 200 Hektar Betriebsfläche meist pfluglos gearbeitet wird. Bei letzteren spielen arbeitswirtschaftliche Erwägungen wohl die maßgebliche Rolle.

Der Bodenbearbeitungsversuch der Landwirtschaftskammer war mit 5 Bearbeitungsvarianten in Langparzellen mit spiegelbildlicher Wiederholung als  großtechnischer Praxisversuch ausgerichtet. Es standen  vier Mulchsaatverfahren unterschiedlicher Bearbeitungsintensität und -tiefe mit angepasster Aussaattechnik im Vergleich zur konventionellen Pflugsaat.

An drei Standorten in Rheinhessen, Hunsrück und Eifel mit unterschiedlichen Boden- und Witte­rungsverhältnissen standen zur Pflugsaat als Vergleichsvariante (Variante 1 = 100 Prozent) zwei Verfahren mit Grubber (Variante 2) bzw. Scheibenegge (Variante 3) bei einer Lockerungstiefe bis 18 cm, einem Verfahren mit ausschließlich flacher Stoppelbearbeitung (Variante 4) und einer Direktsaatvariante (Variante 5) ohne jegliche Bodenbearbeitung.

 

Die Bestandesführung und die jeweilige Fruchtfolge waren, angepasst an die regionalen Gegebenheiten, betriebsüblich. Erntereste verblieben stets auf den Versuchsflächen.

Der Versuch in Rheinhessen war ein tiefgründiger Lößstandort mit 75 - 80 Bodenpunkten. Die Jahresniederschlagsmenge lag bei 510 mm und  einer Durchschnittstemperatur von 9,3 o  C. Der Boden ist bei den Grundnährstoffen in der Gehaltsklasse E und einem pH-Wert von 7,5 gut versorgt. Die Fruchtfolgeglieder waren betriebsüblich Winterweizen, Sommergerste, Zuckerrüben, Sommergerste.

Die Versuchsfläche in der Eifel befand sich auf Muschelkalkverwitterungsboden mit 47 Bodenpunkten bei einer Jahresdurchschnittstemperatur von 8,0 °C und einer Gesamtnieder­schlagsmenge von 700 mm. Die Grundnährstoffversorgung lag in den Gehaltsklassen C bis D,  der pH-Wert durch den Muschelkalkverwitterungsboden bei 7,2.

Am Standort Hunsrück sorgen der staunasse sandige Lehm mit 40 Bodenpunkten bei 690 mm Niederschlag und der Tendenz zur Vergleyung sowie der doch niedrige Temperaturdurchschnitt von 7,3 °C für eine schwierigere Ausgangssituation. Phosphor erreicht hier die Versorgungsstufen C bis D, Kalium ist sehr hoch in E eingeordnet.  Mit durchschnitt­lich pH 6,0 liegt der Boden im schwach sauren Bereich. Die Fruchtfolgen auf den Standorten in Hunsrück und Eifel waren identisch: Winterweizen, Sommergerste, Wintergerste und Winterraps

Die Auswirkungen auf Bestandsentwicklung, Ertrag, Produktqualität  und, mit der Reduzierung der Bearbeitungsintensität auftretende pflanzenbauliche Probleme waren stark standortspezifisch geprägt.

Die Anforderungen reduzierter Bodenbearbeitung ließen sich auf dem rheinhessischen Lößstandort gut umsetzen. In der Folge hoher Feldaufgangszahlen  in den Halmfrüchte(meist über 90 %) konnten sich dementsprechende Bestände etablieren. Im Mittel der Versuchsjahre bis 2016 erreichte Sommergerste in konservierender Bodenbearbeitung bis zur Direktsaat ein Ertragsplus von 2 Prozentpunkten und bei Winterweizen eine Steigerung um 5 Prozentpunkte gegenüber der Pflugvariante. Unterschiede in der Produktqualität waren nur marginal.

In Zuckerrüben war die Bestandesetablierung schwieriger. Schwächen im Feldaufgang und verzögerte Entwicklung mit einem Rückstand von bis zu 3 Wochen bei der Keimung führten in den pfluglosen Verfahren zum Teil zu Mindererträgen. Durch die Defizite in der Bestandesetablierung gingen die Frischmasseerträge von 810 dt (Pflug) auf 770 dt je Hektar (95 %) zurück. Damit verbunden  war auch ein geringerer Gehalt an ausbeutbarem Zucker (geringere Rohzuckergehalte, höherer Anteil Melassebildner). Der bereinigte Zuckerertrag sank von 136 dt auf 122 dt je Hektar (90 %) in der Direktsaat. Die kompaktere Lagerung des Bodens in konservierender Bodenbearbeitung verursachte eine Zunahme der Beinigkeit und Seitenwurzelbildung der Zuckerrübe. Probleme mit ertragsrelevanter Verunkrautung wurden nicht beobachtet. Allerdings bereitete ein jahresabhängiger Anstieg der Mäusepopulation insbesondere in den Direktsaaten zum Teil erhebliche Schwierigkeiten.

Eine Modifikation des Versuchs 2015, mit der für die Zuckerrübenaussaat in den beiden Direktsaatvarianten ein Strip-Till-Verfahren getestet wurde, steigerte in den Varianten 4 und 5 den Feldaufgang, zeigte eine schnellere und sicherere Pflanzenentwicklung und mit Pflugsaat vergleichbare Erträge.

In der Eifel waren im Feldaufgang wie in der Bestandsentwicklung größere Abweichungen zu verzeichnen. Daraus folgend wurden kulturspezifisch größere Ertragsschwankungen im mehrjährigen Schnitt festgestellt. Im Raps noch auf oder leicht über Pflugsaatniveau, gingen die Erträge im Winterweizen und in Sommergerste je nach Bodenbearbeitungsintensität um bis zu 9 Prozent im Vergleich zum Versuchsmittel zurück. Insbesondere in Wintergerste  waren die Ertragsverluste signifikant (Direktsaat 78 % Ertragsniveau). Größere Probleme bei der Bestandsetablierung (Feldaufgang Gerste), eine Zunahme von Ackerfuchsschwanz und tauber Trespe in den Direktsaaten und „typische“ Probleme bei Minimalbodenbearbeitung mit zunehmender Schadnagerpopulation (Fraßschäden) führten zu spürbaren Ausfällen in den Kulturen. Je geringer die Bearbeitungsintensität, desto größer war die Gefahr der Verungrasung und Schädlingsetablierung. Eine konsequente Unkrautbekämpfung in der Fruchtfolge und Ausbringung von Giftweizen mit Legeflinte in Direktsaat war zwingend erforderlich.

Die Bedingungen für eine entsprechende Versuchsdurchführung waren auf dem schweren, zu Staunässe neigenden Standort im Hunsrück am anspruchsvollsten. Mit zunehmender Versuchsdauer steigerten sich die Probleme insbesondere im Feldaufgang in den beiden Direktsaatvarianten. Offene Säschlitze nach der Aussaat im feucht-plastischen Boden (geringer Feinerdeanteil, mangelhafter Bodenschluss des Saatguts) hatten vor allem in den letzten Versuchsjahren unbefriedigende Bestände zur Folge. Daraus resultierten von der Pflugsaat als Referenzvariante bis zur Direktsaat zum Teil erhebliche Ertragsunterschiede, in Einzeljahren bis hin zum Totalausfall der Minimalbodenbearbeitung. Auch eine Umstellung  von Scheibenscharaussaat zu Zinkenschartechnik brachte keine wesentlichen Vorteile. Im Hunsrück wurden daneben insbesondere in den Varianten 4 und 5 größere Unterschiede bei  den Qualitätsparametern der Ernteprodukte ermittelt.  Die Pflugsaat zeigte über die Versuchsjahre tendenziell ein höheres und stabileres Ertragsniveau. Ein in etwa vergleichbares Ertragsniveau erzielten nur die Mulchsaatvarianten 2 und 3 bei Wintergerste und Winterweizen. Neben den zuvor erwähnten Problemen waren ein erhöhtes Aufkommen von Ungräsern und ein gewisser Schneckendruck ursächlich für die Ertragsunterschiede. Auch eine zu Versuchsbeginn nicht standortangepasste Kalkversorgung spielte wohl eine entscheidende Rolle. Mulchsaat war möglich, aber der Pflug blieb unter diesen Verhältnissen Bestandteil standortangepasster Bodenbearbeitung.

Neben pflanzenbaulichen Parametern wie Feldaufgang, Bestandsentwicklung, Ertragsdaten und Produktqualitäten standen bodenkundliche Untersuchungen im Fokus der langjährigen Versuche.

Die Feldmauspopulationen auf den Standorten schwankten in einem jahres- und kulturabhängigen Zyklus und verursachten zum Teil erhebliche Schäden. Gerade in den Varianten mit eingeschränkter Bodenbearbeitung bestanden ein wesentlich höheres Gefährdungspotenzial und eine hohe bis sehr hohe Aktivität der Feldmäuse. Je intensiver der Boden bearbeitet wurde, desto geringer war der Schädlingsdruck. Das unterstützende Aufstellen von Sitzkrücken für Greifvögel hatte nur einen geringen Effekt. Die effektivste Möglichkeit der Schadnagerbekämpfung war das arbeitsaufwändige, verdeckte Ausbringen von Feldmausködern mit der Legeflinte.

Messungen der Bodentemperaturen, die über einen Zeitraum von 8 Wochen (März bis Mai) zu Vegetationsbeginn erfolgten, ergaben auffallende Unterschiede zwischen den Verfahren. Die Temperaturen in den geprüften Tiefen von 5, 10 und 25 Zentimetern lagen in der Pflugsaat stets um 1 - 1,5 Grad höher als die der Direktsaat. Die Varianten ohne wendende Bodenbearbeitung erwärmten sich im Frühjahr langsamer, eine Folge der höheren Bodenbedeckung mit Ernterückständen (Mulchauflage) sowie der tendenziell höheren Bodenfeuchte. Aus dieser Temperaturdifferenz zwischen den Varianten resultierten unter anderem die Entwicklungsunterschiede, die insbesondere auf dem schwierigen Standort im Hunsrück kritisch zu bewerten sind. Andererseits sind Vorteile durch geringere Bodenerwärmung im Sommer bei Hitzeperioden zu erkennen.  Bei unbedecktem Boden (Pflugsaat) können in Hitzephasen Bodentemperaturen bis 60 Grad durch direkte Sonneneinstrahlung erreicht werden. Optimal für Pflanzen und Bodenleben sind Temperaturen zwischen 15 und 25 Grad. Eine schützende Auflage mit organischem Material puffert Stresssituationen wie Hitze und Trockenheit ab.

Die konservierende Bodenbearbeitung wirkte sich direkt auf den Bodenwasserhaushalt aus.

Sie hat Vorteile bei Wasserknappheit wie wir sie etwa in den vergangenen drei Jahren erlebten. Untersuchungen über eine komplette Vegetationsperiode (März bis Oktober) zeigten deutliche Unterschiede zwischen den Verfahren auf. In konservierender Bodenbearbeitung war der Wassergehalt stets höher (Verdunstungsschutz durch Mulchauflage) und das Bodenwasser bis in 90 Zentimeter Tiefe homogener verteilt (durchgängige vertikale Bioporen durch tiefgrabende Regenwürmer) als in wendender Bodenbearbeitung, so dass mit besserer Wassernachlieferung und effizienterer Ausnutzung zu rechnen ist. Der Nutzen präsentierte sich durch weniger Trockenstresssymptome der Kulturen besonders in heißen Trockenphasen in den Monaten Juli und August und daraus resultierenden Ertragsvorteilen und höherer Ertragsstabilität. Der Anspruch, die Bodenfeuchte zu konservieren, konnte in konservierender Bodenbearbeitung umgesetzt werden. Negative Auswirkungen in Regionen oder Jahren mit höheren Niederschlagsmengen, die zu Problemen bei Bodenbearbeitung, Bestellarbeiten (Saatbettbereitung, Aussaat) und Bestandesetablierung durch zu langsames Abtrocknen führen, zeigte allerdings der Standort im Hunsrück auf. 

 

Stoppelbearbeitung

Grundbodenbearbeitung

Bestellverfahren

Variante 1

Flach (8 – 10 cm)

Pflug (25 – 30 cm)

Kreiselegge mit Scheibendrill

Variante 2

Flach (8 – 10 cm)

Grubber (18 cm)

Kreiselegge mit Scheibendrill

Variante 3

Flach (8 – 10 cm)

Scheibenegge (18 cm)

Kreiselegge mit Scheibendrill

Variante 4

Flach (8 – 10 cm)

ohne

Direktsaattechnik

Variante 5

ohne

ohne

Direktsaattechnik


 Konservierende Bodenbearbeitung führte, nach bodenkundlichen Untersuchungen der TH Bingen auf den Versuchsflächen, nicht zu einer Erhöhung an organischem Kohlenstoff (Humus) im Boden. Bei pflugloser Bodenbearbeitung wurde zum Teil sogar ein Rückgang des Humusgehaltes im Boden festgestellt. Pfluglose Bodenbearbeitungsverfahren haben offenbar kaum positive Wirkungen auf den Humusgehalt und speichern weniger Kohlenstoff im Boden als angenommen. Der Humusgehalt ist weniger abhängig vom Bodenbearbeitungsverfahren, er reagiert stärker auf den Input von organischem Material wie Erntereste, Zwischenfrüchte und organische Düngung. Das heißt, in den Versuchen der Landwirtschaftskammer war er ertragsabhängig. Standort- und kulturspezifisch sinkende Erträge bedeuteten weniger organische Masse (Ernte- und Wurzelrückstände) und damit auch sinkenden Bodenkohlenstoffgehalt. Es kam lediglich zu einer Umverteilung des organischen Kohlenstoffs - konservierende Bodenbearbeitung (nichtwendend) mit einer Humusanreicherung nahe der Bodenoberfläche und Pflugsaat mit gleichmäßiger Verteilung bis in tiefere Bodenschichten.

Die Rentabilität der konservierenden Bodenbearbeitung war sehr standortspezifisch geprägt. Das Potenzial zur Kosteneinsparung (Arbeitserledigungskosten) bei konservierender Bodenbearbeitung durch geringere Maschinenkosten, höhere Schlagkraft und geringeren Arbeitsaufwand ist vorhanden. Allerdings werden höhere Ansprüche an Flächenkontrolle und pflanzenbauliches Management gestellt. Betriebswirtschaftliche Vorteile kommen zum Tragen, wenn die Erträge konservierender Bodenbearbeitungsverfahren nahe Pflugniveau sind. Je nach Preissituation (Marktware, Betriebsmittel) und Ertragslage fallen aber die Schwächen der konservierenden Bodenbearbeitung unterschiedlich stark ins Gewicht. Den Einsparungen bei den Arbeitserledigungskosten können höhere Aufwendungen im Pflanzenschutz (Glyphosat, Graminizide) gegenüberstehen. Die Kostenvorteile bei der Arbeitserledigung sind gegebenenfalls geringer als mögliche Ertragsnachteile.

Voraussetzungen für ein reibungsloses Funktionieren der pfluglosen Mulchsaatverfahren waren ein ordnungsgemäßes Strohmanagement, konsequente Feldrandhygiene, eine optimale Kalkversorgung, angepasste Fruchtfolgen mit einem Wechsel zwischen Halmfrüchten und Blattfrüchten sowie Winterungen und Sommerungen und konsequentem Pflanzenschutz im Kontext der Fruchtfolgeglieder.

Die Vorteile konservierender Bodenbearbeitung sind zu erkennen, lassen aber aufgrund der Heterogenität der Standortbedingungen keine allgemein gültige Aussage zu. Konservierende Bodenbearbeitung muss immer im Zusammenhang mit standort- und betriebsspezifischen Gegebenheiten gesehen werden. 

Volker Berg, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz