Betriebsleiter und Fachkräfte von morgen fehlen

Auch in Land-und Forstwirtschaft, im Garten- und Weinbau sind die Auszubildenden von heute die Betriebsleiter und die Fachkräfte von morgen.

Doch auch im Agrarsektor ist die demografische Entwicklung inzwischen angekommen und verbreitet die Sorge um Nachwuchsmangel in den ländlichen Räumen. Denn während in den städtischen Ballungsräumen Industrie, Handel und Handwerk nicht nur einem größeren Bewerberpotenzial gegenüber stehen, sondern auch mit Nachschulungs- und Qualifizierungsprogrammen Bewerber mit schwachen Abschlüssen oder sogar Schulabbrecher befähigen, eine Berufsausbildung mit Aussicht auf Erfolg zu absolvieren, ist hier das Potenzial deutlich kleiner und stehen die Qualifizierungskapazitäten großer Unternehmen und Kammern nicht zur Verfügung.

Beim Ovalen Tisch für Ausbildung in Mainz stellte jetzt Heribert Metternich, Vizepräsident der für die Ausbildung in den Grünen Berufen zuständigen Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz die spezifische Situation der Agrarwirtschaft vor. Hier ist die Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge (693) in diesem Jahr erstmals seit 2006 wieder unter 700 gesunken. Bereits 2011 hatte sich diese Zahl gegenüber dem Vorjahr um 9,8 Prozent auf 720 verringert. Der Rückgang 2012 beträgt zwar nur 4 Prozent, festigt aber dennoch den negativen Trend.

Dabei treten deutliche Schwankungen innerhalb der verschiedenen Berufsgruppen auf. Sogar gegen den Trend nahm die Zahl neuer Ausbildungsverträge bei den Landwirten um 24 und bei den Winzern um 6 Prozent zu, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass die Landwirte im Vorjahr einen Rückgang um 27 Prozent zu verzeichnen hatten und mit 105 neuen Verträgen etwa wieder im durchschnittliche Niveau der letzten fünf Jahre liegen. Ähnlich ist die Entwicklung bei den Winzern, wo es im Vorjahr einen Rückgang um 12,5 Prozent gegeben hatte. Auffällig ist die Situation beim zahlenmäßig traditionell stärksten der Grünen Berufe, dem Gärtner mit seinen sieben Fachrichtungen. Hier sind die Ausbildungszahlen seit 2007 rückläufig. Hatten vor fünf Jahren noch 306 junge Leute ihre Gärtnerausbildung begonnen, waren es 2012 nur 212, gegenüber dem Vorjahr ein Minus von knapp 13 Prozent. Rückläufig auch die Zahlen in den von der Kammer angebotenen Ausbildungen für junge Menschen mit Behinderung oder Beeinträchtigung, wo 25 Prozent weniger eine Ausbildung aufnahmen als im Vorjahr. Mit 39 neuen Ausbildungsverträgen ist der Ausbildungsberuf Pferdewirt mit minus 28 Prozent zwar gegenüber dem Vorjahr stark rückläufig, ist aber nach zwischenzeitlichem Höhenflug wieder auf dem Niveau früherer Jahre angekommen.

Der Trend, dass die Auszubildenden in den Grünen Berufen zunehmend selbst nicht mehr aus dem Bereich kommen, in dem sie eine Ausbildung machen, also kein elterlicher Betrieb dahinter steht, hält an. Aktuell liegt der Anteil der "Seiteneinsteiger" bei 60 Prozent und nimmt zu. Im Rahmen des dualen Studienganges Weinbau und Oenologie sind von der Kammer derzeit 133 Ausbildungsverträge mit Ausbildungsbetrieben in Rheinland-Pfalz abgeschlossen, davon 37 im Jahr 2012. Die weiteste schulische Vorbildung bringen weiterhin die Winzer mit; rd. 42 Prozent absolvieren daher eine auf zwei Jahre verkürzte Ausbildung (alle Berufe: 20 Prozent.). Freie Ausbildungsplätze hält die Landwirtschaftskammer in allen 14 Ausbildungsberufen in ausreichender Zahl vor.

Um dem in Zukunft drohenden Fehlen von Betriebsleitern und Fachkräften vorzubeugen intensiviert die Kammer ihre Arbeit im Bereich Berufsbildung. Dabei werden die qualitätsverbessernden Bildungsmaßnahmen für Ausbilder und Prüfer verstärkt. Um die Vermittlung von Auszubildenden in Ausbildungsbetriebe zielgerichtet und entsprechend der Perspektive der jungen Leute und der Anforderungsprofile der Betriebe zu gestalten wurden mit Unterstützung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, der EU und des Europäischen Sozialfonds bei der Kammer in Bad Kreuznach und in Koblenz zwei Vollzeitarbeitskräfte eingestellt, die an Schulen, bei Ausbildungsmessen, aber auch über soziale Netzwerke über die Ausbildungsmöglichkeiten in den Grünen Berufen informieren und den Jugendlichen bei der Vermittlung in passgenau auf sie zugeschnittenes Ausbildungsverhältnis helfen. Damit soll nicht zuletzt der steigenden Abbrecherquote begegnet werden. Jeder vorzeitige Abbruch einer Ausbildung bedeutet nach Einschätzung der Kammer eine künftige Fachkraft weniger, Verlust des bis dahin in die Ausbildung investierten Aufwands an Zeit und Geld und eine weitere unqualifizierte und damit praktisch nicht vermittelbare Person auf dem Arbeitsmarkt.

Frieder Zimmermann, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz