Betriebe investieren wieder

Beratung und Förderung als Anschub für Investitionen

Landwirtschaftliche und weinbauliche Betriebe haben im vergangenen Jahr mit Unterstützung der Investitionsförderung aus Mitteln der EU, des Bundes und des Landes rund 94 Mio. EURO in ihre Betriebe investiert und dabei Zuschüsse in Höhe von rund 14 Mio. EURO erhalten. Aktuelle Zahlen dazu legte die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz bei der jüngsten Sitzung des Ausschusses Unternehmensberatung vor, zu der Harald Schneider, Vorsitzender des Ausschusses, in das Haus der Landwirtschaft nach Bad Kreuznach eingeladen hatte.

Wilhelm Zimmerlin, Geschäftsführer des Ausschusses, gab einen Überblick über das Fördergeschehen im abgelaufenen Jahr 2014. Die Anzahl der Förderverfahren, die von den Unternehmensberatern der Landwirtschaftskammer betreut wurden, haben mit einem Umfang von 417 Anträgen wieder einen beachtlich hohen Stand erreicht. Im Jahr davor hatte es einen massiven Einbruch gegeben, da die Förderung von Investitionen nach der Weinmarktordnung damals weitestgehend ausgesetzt war. Von den 417 Förderverfahren betrafen 302 weinbauliche und 115 landwirtschaftliche Investitionen. Mit 88 Förderverfahren war der Landkreis Alzey-Worms am stärksten vertreten gefolgt vom Landkreis Mainz-Bingen mit 66 Investitionsvorhaben. Eine hohe Investitionsintensität wiesen auch die Betriebe in den Landkreisen Südliche Weinstraße (42), Bad Dürkheim (39), Bernkastel-Wittlich (36), Bad Kreuznach (34) sowie der Landkreis Bitburg-Prüm (26) auf. Laut Zimmerlin zeichnet sich auch für das laufende Jahr 2015 eine rege Investitionstätigkeit in den landwirtschaftlichen und weinbaulichen Betrieben ab. 

Zimmerlin informiert die Ausschussmitglieder darüber, dass Kammerpräsident Ökonomierat Norbert Schindler und Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken die Vereinbarung zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz über die zukünftige Zusammenarbeit unterschrieben haben. Dort ist festgeschrieben, dass sich das Land an den Personalkosten der Unternehmensberatung für die landwirtschaftlichen Betriebe durch die Landwirtschaftskammer zur Hälfte beteiligt. Zu der vom Land geförderten Unternehmensberatung im Agrarbereich zählen die Investistions- und Förderberatung sowie Fragen, die das Unternehmen betreffen, und die Beratung zu Einkommensalternativen, einschließlich Direktvermarktung, und Urlaub auf  Bauern- und Winzerhöfen. Die Landesbeteiligung ist derzeit auf 13,5 Beratungskräfte begrenzt. Bis zum Jahr 2020 muss der vom Land bezuschusste Personaleinsatz auf 10 Beratungskräfte zurück geführt werden. Die Rückführung des Landeszuschusses hat zur Folge, dass der Personaleinsatz in der Unternehmensberatung ständig auf Effizienzsteigerungen und Rationalisierungsmöglichkeiten überprüft werden muss.

Der Leiter des Referates Unternehmensberatung der Kammer, Bernd Everding,  skizzierte die aktuellen Entwicklungen in der Agrarförderung für das Jahr 2015. Derzeit herrscht ein hoher Andrang, insbesondere im Bereich der Kleinen Investitionen in Weinbaubetrieben. Hier macht sich auch bemerkbar, dass der Zuschuss von 20 auf 25 Prozent erhöht wurde. Auch im Bereich der landwirtschaftlichen Investitionen wird eine erhöhte Inanspruchnahme der Förderung erwartet, da das Land beschlossen hat, den Basisfördersatz von 15 auf 20 Prozent heraufzusetzen. Der erhöhte Fördersatz wird voraussichtlich erstmals zum Bewilligungszeitpunkt 02. November 2015 greifen. Im Übrigen bleibt es bei den bereits bisher gewährten Zuschlägen im Bereich der Premiumförderung bezüglich tiergerechter Haltungsverfahren. Der maximale Fördersatz beträgt weiter 40 Prozent. Neu eingeführt in die Förderbedingungen sind die besonderen Anforderungen an den Klima-, Verbraucher- und Umweltschutz. Bei jedem Förderantrag muss nachgewiesen werden, dass in diesen Bereichen Verbesserungen erzielt werden. Laut Everding ist dies bei Investitionen in Stall- und Wirtschaftsgebäude relativ einfach machbar. Bei eher technischen Investitionen, z.B. Melkroboter, Futtermischwagen oder Siloanlagen stellt es aber eine Herausforderung dar, hier im Einzelfall Verbesserung beim Klima-, Verbraucher- und Umweltschutz plausibel darzulegen.

Die Erhöhung des Fördersatzes um 5 Prozent ist aus Sicht des Ausschusses als erfreulich zu bewerten. Die Förderung von investitionswilligen Zukunftsbetrieben ist ein wichtiges Anliegen.

Masterstudentin Katharina Anja Lellig informierte über ihre Projektarbei, die sich mit dem Beratungsverständnis landwirtschaftlicher Berater befasst. Danach fragen Landwirte Beratung nach, um ein konkretes Problem gemeinsam mit dem Berater als Spezialisten zu bearbeiten. Sie sehen als Ziel von Beratung die gemeinsame Lösungsentwicklung und möchten von dem Berater relevante Informationen erlangen. In der Beratungstheorie ist Beratung ein Prozess, in dem der Berater versucht, seine Beratungspartner durch geistige Hilfe zu solchem Handeln zu motivieren und zu befähigen, das geeignet ist, ihre akuten Probleme zu  lösen. Die Gesellschaft wiederum stellt den erhöhten Umwelt- und Tierschutz als Anspruch an die Ergebnisse einer landwirtschaftlichen Beratung. Mitten in diesem Spannungsfeld steht der landwirtschaftliche Berater. Ziel  dieser Arbeit ist es, einen genaueren Blick auf das Berufsverständnis des Beraters zu werfen und zu untersuchen, wie er die Anforderungen der Klienten, der Gesellschaft und der Beratungslehre in seiner Arbeit verankert. Beratung wird in Deutschland unterschiedlich organisiert und finanziert. Der Hypothese, dass die Organisationsform der Beratung Auswirkungen auf die Beratungsmethode und –ziele der Berater hat, wurde in einem Online-Fragebogen nachgegangen. An der schriftlichen Befragung beteiligten sich 142 landwirtschaftliche Berater. Die Daten wurden sowohl in einer qualitativen Inhaltsanalyse, als auch mittels Häufigkeitsverteilungen und Mittelwerten inklusive Post-hoc Tests analysiert. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass der Beratungsalltag viel Schnittfläche mit den Wünschen der Landwirte hat. Dabei sind sich die Berater der Anforderungen der Gesellschaft bzw. Politik und Beratungsmethodik bewusst, integrieren diese aber nur wenig in den Beratungsaufbau und –evaluierung. Insbesondere die Berater aus Handel und Industrie erfüllen diese Anforderungen nicht, sondern haben verstärkt das Wohl des Arbeitgebers im Blick. Die Ziele der Gesellschaft treten automatisch durch EU-Vorschriften immer stärker in die Arbeit aller Berater – nicht nur in die Offizialberatung – ein. Eine staatliche Finanzierung der landwirtschaftlichen Beratung wirkt sich nicht auf die Ergebnisse der Beratung aus, wohl aber auf die Intensität an methodischer Weiterbildung. Dort sollten die Berater verstärkt lernen ihre Fachberatung methodisch zu erweitern und damit den Nutzen und die Nachhaltigkeit ihrer Beratung zu erhöhen.

Die Ausschussmitglieder waren sich darin einig, dass jede Form der Beratung ihre Berechtigung hat.  So unterschiedlich die landwirtschaftlichen und weinbaulichen Betriebe sind, so unterschiedlich sind auch die Anforderungen an die Beratung auf dem Betrieb. Wichtig ist, dass sich die Beratung auf das konkrete Problem des Betriebes bezieht. Ob eine Beratung fruchtbar verläuft, hängt entscheidend davon ab, ob zwischen dem Landwirt und seinem Berater ein gutes Vertrauensverhältnis herrscht. 

Referatsleiter Bernd Everding und Unternehmensberaterin Ute von Keitz-Fuchs stellten schließlich das Beratungsangebot der Landwirtschaftskammer im Bereich der Hofübergabe vor. Dieses Beratungsfeld weist eine hohe Spannweite auf, die von der einfachen Ertragswertberechnung bis zur Moderation eines länger andauernden Hofübergabeprozesses reicht. Mit der Hofübergabe werden wichtige Weichenstellungen für die Zukunft des Unternehmens gestellt. Für ihre Vorbereitung sollte ausreichend Zeit sein, damit viele Gedanken frühzeitig in den eigenen Entscheidungsprozess eingebracht werden können. Die Mitarbeiter des Referats Unternehmensberatung begleiten und schärfen den Blick für die Dinge, die geregelt werden müssen. Es werden Ziele und Wege erarbeitet, wie der Hof übergeben werden kann. Die Beratung soll helfen, auch in schwierigen familiären Situationen und Konstellationen Klarheit über die  betrieblichen und persönlichen Zukunftsperspektiven zu bekommen. Bei wichtigen Fragen zu den steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen der Hofübergabe werden Spezialisten, z.B. Steuerberater oder ein Notar, hinzugezogen. Der erste Schritt in der Ertragswertermittlung ist die Ableitung des nachhaltigen Reinertrages aus mehreren betriebswirtschaftlichen Jahresabschlüssen des Unternehmens vor der Übergabe. Aus dem Roheinkommen wird der kalkulatorische Lohnansatz des Unternehmers bzw. der mitarbeitenden Familienarbeitskräfte errechnet und in Abzug gebracht, um den Reinertrag zu ermitteln. Je nach den individuellen Besonderheiten des landwirtschaftlichen Unternehmens sind Ergänzungen in der Ertragswertberechnung notwendig. Entsprechend der Ausstattung mit Wirtschaftsgebäuden und sonstigen Anlagevermögen sind Zu- oder Abschläge beim Ertragswert möglich. Das Wohnhaus ist gesondert zu bewerten über die Jahresrohmiete und die laufenden Unterhaltskosten, kapitalisiert auf die Restnutzungsdauer. Wertmindernd wirken dagegen betriebliche Verbindlichkeiten und die vom Hofnachfolger übernommenen Altenteilsverpflichtungen.

Wilhelm Zimmerlin, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz