Bestände lassen gute Ernte erwarten

Fast 70 Teilnehmer folgten der Einladung zur diesjährigen Braugerstenrundfahrt der Fördergemeinschaft Braugerste Rheinland-Pfalz e.V. in der Region Rheinhessen.

Gastgeber war der Betrieb Dr. Schilling in Monsheim. Erzeuger, Handel, Mälzer und Brauer konnten sich ein Bild über den Entwicklungstand der Braugerste machen und sich im Gespräch intensiv austauschen.

Ökonomierat  Norbert Schindler MdB, Präsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz eröffnete die Veranstaltung und begrüßte die Teilnehmer. Ein besonderer Willkommensgruß galt den Vertretern der Politik. So konnte er als Mitglied des Landtags Kathrin Anklam-Trapp und Johannes Zehfuß  begrüßen, aber auch den Bürgermeister von Monsheim, Michael Röhrenbeck. Die Vertreter des Ministerium für Landwirtschaft und der Staatlichen Beratung begrüßte er besonders. Ohne die Mithilfe der Mitarbeiter des Staatlichen Versuchswesens sei diese Rundfahrt kaum vorstellbar, betonte Präsident Schindler.

In seiner Rede ging Präsident Schindler auf die Bedeutung der Braugerste ein. Auf fast 245.000 ha Ackerfläche stehe in diesem Jahr in Rheinland-Pfalz Getreide. Auf die Sommergerste entfallen 37.500 ha, was 15,4 Prozent entspreche. Die Anbaufläche sei im Vergleich zum Vorjahr um 12.700 ha verringert worden, so Schindler. Ursache für diesen Rückgang waren die Auswinterungsschäden im Februar 2012. Tausende Hektar Ackerfläche, die seinerzeit mit Winterweizen bestellt waren, mussten im Frühjahr umgebrochen und nochmals angesät werden, meistens mit  Sommergerste, gab er zu verstehen.

Auch Bürgermeister Herr Röhrenbeck hieß die Teilnehmer in seiner Gemeinde willkommen. Er gab seine Freude zum Ausdruck Gäste aus Nah und Fern hier begrüßen zu dürfen. Gerade die Braugerste habe im hiesigen Raum eine große Bedeutung. Viele Mälzereien in der Region erhalten auf kurzem Wege den Rohstoff für die Herstellung von Malz.

 

Paul Frowein, DLR Rheinhessen-Nahe begrüßte die Besucher im Namen des Ministeriums und der staatlichen Beratung. Auch er gab seine Freunde darüber zum Ausdruck, dass die diesjährige Rundfahrt in seinem Dienstbezirk stattfinde. Die Braugerste habe nach wie vor einen großen Stellenwert im Getreideanbau. Meist stehe diese Kultur in seinem Dienstbezirk im dritten Glied der Fruchtfolge, als abtragende Kultur nach Zuckerrüben. Die dann geringen Stickstoffvorräte in den guten Böden lassen einen gezielten, qualitätsorientierten Braugerstenanbau zu. Auch sei der Braugerstenanbau aus ökologischer Sicht als sehr positiv zu sehen, da der Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmittel relativ gering sei, erläuterte er.

Dr. Gerhard Schilling stellte in seinem Grußwort zunächst seinen Betrieb vor. In der sechsten Generation ist die Wiesenmühle nun im Besitz der Familie. Der Unternehmensverbund Wiesenmühle umfasst einen Ackerbaubetrieb mit 250 ha, einen Agrarhandel sowie zwei Betei­ligungen am Weingut Wiesenmühle GbR und an der Wiesenmühlen Vertriebs GmbH. Der Ackerbaubetrieb befasst sich intensiv mit der Saatgut­vermehrung, zudem werden Zuckerrüben und Körnerleguminosen angebaut. Der Agrarhandel GSA Wiesenmühle ist auf die Saatgutproduktion spezialisiert. Das Saatgut wird bundesweit vermarktet. Zudem wird über die Siloanlage in Bürstadt Konsum­getreide erfasst und vermarktet. GSA Wiesenmühle handelt auch Produktionsmittel (Dünger und Pflanzenschutzmittel), erstellt für seine Kunden Anbaustrategien und fertigt auf Wunsch auch Nährstoffbilanzen. Das Weingut Wiesenmühle GbR vermarktet den Aufwuchs von 185 ha Rebfläche zu Teilen als Flaschenwein an End­verbraucher, Lebensmittel- und Fachhandel oder als Fasswein bzw. in Form von Trauben über die Betriebswinzergenossenschaft Wonnegau. Die Wiesenmühle Vertriebs GmbH produziert Flaschenweine, Seccos und Fruchtseccos sowie Glühwein für Winzerbetriebe zur Sorti­mentsergänzung und vermarktet Wein bzw. Fruchtseccos insbe­sondere an Hof-, Bauern- und Blumenläden. Abschließend wünschte Dr. Schilling der Veranstaltung einen gute Verlauf und gute Gespräche beim gemeinsamen Mittagessen auf dem Hofgut Wiesenmühle.

Der Vorsitzende der Fördergemeinschaft Braugerste und Vizepräsident der Landwirtschaftskammer Herr Metternich übernahm nun die Leitung der Veranstaltung und begrüßte die Teilnehmer. Kernaussage seiner Rede war: "Ackerbauern, Handel, Mälzer und Brauer sind heute zusammengekommen, um sich über die gemeinsamen Interessen auszutauschen. Dieser Austausch gilt der heimischen Braugerste in Richtung Menge, Qualität und Preis."

 

Zunächst ging die Fahrt zu den Braugerstenfeldern des TA-Anbaus nach Ober-Flörsheim. Hier werden im großtechnischen Anbau neue Sorten angebaut, um Erfahrungen für den späteren Anbau in der breiten Praxis machen zu können. Dr. Schilling stellte die Bestände vor und ging hierbei auf die neuen Sorten Solist und Overture als Sommerbraugerste und auf die Winterbraugerste Liga ein. Im Einzelnen stellte er die  Anbaubedingungen und die produktionstechnischen Maßnahmen vor. Die Bestände hätten sich besser bestockt als erwartet, bemerkte er. Deshalb sahen die Teilnehmer sehr dichte Braugerstenfelder. Abschließend erwähnte er noch die Bedeutung der Grünstreifen auf dem Vorgewende. Diese würde das Landschaftsbild auflockern und hätte eine große Bedeutung für die Pflanzen- und Tierwelt. Ökologie und Ökonomie sei kein Widerspruch, betonte er.     

Danach ging es zurück zum Hofgut Wiesenmühle. Bei einem kleinen Imbiss wurde rege über die Ansichten und Erfahrungen der Teilnehmer zur Braugerste gesprochen. Anschließend  machte man sich auf nach Hochborn. Hier wurden die Demonstrationsflächen für Braugerstensorten der Züchterhäuser besichtigt. Die Betriebsgemeinschaft Hahn & Dahlem stellte in diesem Jahr das Grundstück zur Verfügung. Als Vorfrucht standen auf der Parzelle Zuckerrüben, erläuterte Adolf Dahlem. Im Dezember wurde der Boden mit dem Grubber auf 15 cm Tiefe bearbeitet. Von den Züchterhäusern wurde der Braugerstengemeinschaft Saatgut der neuen hoffnungsvollen Sorten zur Verfügung gestellt. So konnten am 27. März folgende Sorten ausgesät werden: Passenger und GS 2655 von der BayWa, Solist und Catamaran von KWS Lochow, Avalon aus dem Hause Lantmännen, Overture von Limagrain, SU Gesine und GS 2654 von der Saaten Union und Quensch und Propino von Syngenta.  Die Saat mit 320 Körnern/m² erfolgte in Kombination mit Kreiselegge und Drillmaschine. Zwei Tage später wurden die Parzellen gewalzt. Mitte April ging die Saat auf. Eine Grunddüngung wurde nicht durchgeführt. Stickstoff wurden 73 kg/ha als Kalkam-monsalpeter verabreicht. Mitte Mai erfolgte eine  Herbizidbehandlung. Ein Halmverkürzer wurde Anfang Juni eingesetzt. Mit dieser Maßnahme wurde auch eine Fungizidbehandlung verbunden.

Die Vertreter der Züchterhäuser hatten danach die Gelegenheit, ihre Sorten vorzustellen. Stefan Niklas, Limagrain, sprach die Eigenschaften der Sorte "Overture" an. Diese Sorte zeichne sich aus mit hoher Bestandsdichte, hohem Kornertrag und guten Qualitätseigenschaften für die Malzherstellung. Für die Saatgutfirma IG Pflanzenzucht GmbH ging Dr. Ralf Titz auf die Sorte "Solist" ein. Diese Sorte liege bei den eben vorgetragenen Merkmalen der Overture auf Augenhöhe, das Halmknicken sei aber im Vergleich weniger ausgeprägt. Als nächstes ging Martin Fahrion, KWS Lochow GmbH, auf die Eigenschaften der Sorte "Catamaran" ein. Auch diese Sorte könne bei den angesprochenen Eigenschaften der schon vorgestellten Sorten mithalten. Bei der Anzahl der Körner pro Ähre sei sie aber den anderen beiden überlegen. Die Sorten "Propino" und "Quench" wurden zum Schluss von Christian Kuczera, Syngenta Agro GmbH, vorgestellt. Auch diese beiden könnten mit überdurchschnittlich guten Eigenschaften überzeugen, betonte er.

Anschließend wurden die Landessortenversuche in Spiesheim besichtigt. Martin Nanz, DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, stellte die Versuche vor. Eingangs erwähnte er, dass bei  dieser Versuchsanstellung die Qualität und die Ertragsleistung der Sommergerstensorten bei unterschiedlicher Intensität im Mittelpunkt stehen. Die Aussaat erfolgte am 2. April mit 250 Körnern/m². Am 19.April. gingen die Saaten auf. Die Stickstoffdüngung erfolgte entsprechend der Versuchsanstellung. Sehr beeindruckend waren die Unterschiede bei der Bestandsdichte und –höhe zwischen der nicht mit Stickstoff gedüngte Parzelle und der gut mit diesem Dünger versorgten. Dasselbe gelte auch für den Pflanzenschutz, betonte Nanz. Die Düngung diene der Ertragssteigerung und der Pflanzenschutz der Ertragssicherung. Ohne diese Maßnahmen wäre der Hunger auf der Welt noch viel größer, gab er abschließend zu verstehen. Nach der Rückkehr auf dem Hofgut Dr. Schilling informierte Martin Nanz noch  über die Landwirtschaft in Rheinhessen.  Den Betrieben stehen 85.000 ha für die Bewirtschaftung zur Verfügung. Gut 2.000 ha sind nicht umbruchfähiges Grünland, auf 26.000 ha stehen Weinreben, und  54.000 ha werden als Ackerland genutzt. Auf 38.000 ha (70 Prozent) der Ackerfläche werde Getreide angebaut, betonte Nanz. Mit über 15.000 ha habe die Braugerste einen Anteil von fast 40 Prozent. Im Schnitt werden bei Braugerste 5,2 t/ha geerntet. Im Vergleich dazu liege der Ertrag bei Winterweizen bei 6,9 t. Damit erreiche die Braugerste über 75 Prozent des Weizenertrags, erläuterte Nanz.  Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen ging er auf die Deckungsbeiträge der Kulturen ein. Bei dem örtlichen Ertragsniveau werde derselbe Deckungsbeitrag bei Braugerste dann erzielt, wenn der Erlös 30 Euro/t über dem von Winterweizen liege, gab Nanz klar zu verstehen. Aus der Sicht des Erzeugers ist dieser Preis erforderlich, damit dieses Fruchtfolgeglied die Wirtschaftlichkeit gegenüber der Alternativkultur erreicht.

Dr. Georg Stettner, Bitburger Braugruppe, als stellvertretende Vorsitzender der Fördergemeinschaft, nahm den Gedanken seines Vorredners auf. Ob der erforderliche Preis am Markt dieses Jahr erzielbar sei, wisse man spätestens an Weihnachten. Viele Faktoren spielten bei der Preisfindung eine Rolle. Auf jeden Fall stehe in diesem Jahr ein Bestand auf dem Halm, der in Menge und Qualität viel Verspreche.

Abschließend bedankte er sich bei Dr. Schilling als Gastgeber und für die Überlassung der Räumlichkeiten,  bei der Landwirtschaftskammer für die Organisation der Veranstaltung, bei der Staatlichen Beratung für die Mithilfe bei der Vorbereitung. Ein besonderer Dank galt Martin Nanz, der auch den "Feldführer" zusammenstellte. Bei der Brauerei Bischoff bedankte er sich für die Bereitstellung der Getränke, wünschte allen Teilnehmern eine gute Heimfahrt und den Getreidebauern eine gute Ernte.

Karl Riedesser, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz