Bei schwachem Vogelgrippeerreger keine Massenkeulung

Kammerpräsident Norbert Schindler fordert differenziertes Vorgehen und lobt Landrat Dr. Brechtel für sein Handeln

Die Erreger der Vogelgrippe haben eine unterschiedliche pathogene Wirkung. In Rheinland-Pfalz ist  bei einem Rassegeflügel-Zuchtverein (spezialisiert auf alte, seltene Rassen) ein niedrig pathogener Erreger festgestellt worden. Das Umweltministerium in Mainz vertritt die grundsätzliche Rechtsposition, dass – obwohl nur bei einem Bruchteil der Tiere der nur schwache Erreger festgestellt wurde – der gesamte Bestand gekeult werden muss. 

Dass bei Rasse- und Ziergeflügel nicht nur emotionale Beweggründe eine Rolle spielen, sondern in diesem Fall auch vor allem vom Aussterben bedrohte historische Haustierrassen betroffen sind, spielt für das Landesumweltministerium anscheinend keine Rolle.

"Glücklicherweise haben sich sowohl der zuständige Landrat des Kreises Germersheim, Dr. Brechtel, als auch das Verwaltungsgericht in Neustadt an der Weinstraße zu einer mutigen Ausnahmeregelung bewegen lassen, was einen Großteil der Tiere vorerst gerettet hat", lobt der Kammerpräsident. 

Natürlich muss das Wohl der Menschen im Vordergrund stehen. Der oben beschriebene Fall gibt allerdings Anlass, in Bezug auf die Vogelgrippe das sofortige Tötungsgebot zu überdenken und das Keulen ganzer Bestände mit Augenmaß in Abhängigkeit der Pathogenität zu betreiben. Insbesondere Beständen, die unter Artenschutz stehende Tiere halten (das betrifft häufig auch Hobby-Geflügelzüchter), wäre damit sehr geholfen. 

Schindler erinnert in diesem Zusammenhang an die BSE-Krise im Jahr 2000. Damals hat er  - auch als Bauernpräsident - gemeinsam mit der damaligen rheinland-pfälzischen Umweltministerin Claudia Martini gegen Bundesrecht durchgesetzt, dass nur einzelne befallene Tiere aus einer betroffenen Herde in Kaiserslautern gekeult wurden. Der überwiegende Teil der Herde konnte aber auf dem Hof bleiben.

Dies war damals ein großer Durchbruch auf nationaler und europäischer Ebene. Die Keulung ganzer Bestände wegen BSE hat danach nicht mehr stattgefunden. 

"Ähnlich differenziert muss auch hier gehandelt werden", fordert der Präsident Schindler. 

Für das Friedrich-Loeffler Institut bedeutet dies auch, dass es seine Bewertung zur Geflügelpest etwas differenzierter ausgestaltet, als dies zurzeit der Fall ist. Das würde auch vor Ort Entscheidungsspielräume eröffnen.