Für gute Erträge fehlt das Wasser

Sommergerste ist wieder attraktiv. Die Preise für Braugerste sind ansprechend, so dass wieder mehr Landwirte in Rheinland-Pfalz die Kultur anbauen. Die jährliche Braugerstenfahrt dient als Schaufenster für neue und bewährte Sorten und vermittelt einen Eindruck, wie die Sorten mit verschiedenen Aussaatzeitpunkten und Düngestrategien zurechtkommen.

Die Braugerstenfahrt Rheinland-Pfalz begann ganz unüblich mit der Ehrung der Gewinner des Braugerstenwettbewerbs 2021. Corona hat den üblichen Ehrungstermin im Winter auf der Braugerstentagung unmöglich gemacht. Aber auch kurz vor der Ernte der diesjährigen Braugerste freute sich Jasmin Münch von der Münch GbR aus Singhofen im Rhein-Lahn-Kreis über den Landessiegertitel und eine Goldene Kammermünze. Ihre angestellte Probe der Sorte Avalon ließ kaum Wünsche offen, sie siegte mit 24 von 26 möglichen Punkten. Zudem bekam die Münch GbR den Staatsehrenpreis des rheinland-pfälzischen Landwirtschaftsministeriums verliehen. Eine Silberne Kammermünze und den Gebietssiegertitel für die Pfalz gab es für Frank Hagenburger aus Eisenberg-Stauf. Seine Probe der Sorte Amidala kam auf 23 Punkte. Den Gebietssiegertitel Rheinhessen durfte Matthias Stauder aus Ober-Olm für seine Probe der Sorte KWS Liga mit nach Hause nehmen, die mit 22 Punkten ausgezeichnet wurde. Auch Stauder bekam von Heribert Metternich eine Silberne Kammerpreismünze überreicht. Gebietssieger Rheinland-Nassau wurde der Betrieb Helmut und Adreas Herber aus Womrath. Sie reichten die Sorte Leandra ein und erreichten 23 Punkte. Das Beste Handelsmuster erzielte die Raiffeisen Warenzentrale in Merzkirchen mit der Sorte Avalon und 21 Punkten.

Wieder mehr Sommergerste ausgesät

Heribert Metternich, Vorsitzender der Fördergemeinschaft Braugerste, eröffnete die Braugerstenfahrt kürzlich auf dem Hofgut Neumühle. „Sommergerste ist wieder attraktiv, auch weil sie wenig Stickstoff braucht“, stellte Metternich fest. Die Landwirte in Rheinland-Pfalz haben die Anbaufläche auf 33.000 ha ausgedehnt. Die Preisentwicklung ist positiv. „Aber eine Prognose für die Marktentwicklung ist unmöglich. Wir haben stark volatile Preise“, sagte er und ergänzte, dass vieles von dem Geschehen in der Ukraine abhängen wird. Nach einem relativ warmen Winter mit ausreichend Niederschlägen seien die Aussaatbedingungen gut gewesen, und auch Frostschäden habe es wenig gegeben. „Doch regional ist es kritisch mit der Wasserversorgung, der Boden hat teilweise tiefe Risse“, berichtete Metternich. Entsprechend zeigen sich einige Bestände dünn und lückig, die Ertragserwartungen wurden herabgesetzt. Im Anbau dominieren die Sorten Leandra, Lexy und Avalon.

Thomas Wolf aus Lautersheim hatte seine Flächen sowohl für die Sortendemonstration als auch für die verschiedenen Fragestellungen des Landessortenversuchs Sommergerste zur Verfügung gestellt. Alle Sorten der Sortendemo zeigten sich in einem guten Zustand, was auch dem guten und gleichmäßigen Boden am Standort in Lautersheim geschuldet war. Trotz Rissen im Boden zeigte die Sommergerste keinen sichtbaren Trockenstress. Den Anfang machte KWS Jessie, eine nach Unternehmensangaben standfeste Sorte, die früh die Ähren schiebt. Sie ist für den Anbau in Höhenlagen geeignet und vom Berliner Programm empfohlen. Die zweite Sorte LG Flamenco wird für alle Standorte empfohlen und zeichnet sich durch eine MLO-Resistenz aus. Sie ist die ertragsreichste 2021 zugelassene Sorte und soll in diesem Jahr den großtechnischen Versuch im Berliner Programm durchlaufen.

Leandra von der Saatzucht Breun wird aufgrund ihrer guten Winterhärte in vielen Betrieben bereits im Herbst ausgesät und kann dadurch das Wasser in den Wintermonaten gut nutzen. Nach Empfehlungen des Züchterhauses sollte Leandra um den 20. Oktober ausgesät und 3 cm tief abgelegt werdenen. Zu flach gesäte Bestände laufen Gefahr zu erfrieren. Lexy, ebenfalls aus der Breun-Zucht, wurde als ertragsstark, gesund und standfest vorgestellt. Sie ist auch für Höhenlagen geeignet.

Neue Sorten in der Sortendemo

Aus dem Züchterhaus Hauptsaaten wurde die neue Sorte Gretchen vorgestellt, die noch nicht final zuglassen ist und im Herbst die Prüfung des Berliner Programms durchlaufen soll. Sie zeichnet sich durch Gesundheit, stabiles Stroh und eine hohe Ertragsleistung mit hohem Malzextrakt aus. Ebenfalls eine Hauptsaaten-Züchtung ist Amidala, eine mittelfrühe Sorte, die ebenfalls für die Höhenlagen geeignet ist. Die Sorte zeichnet sich durch eine MLO-Resistenz und hohe Hektoliter-Gewichte aus. Sie benötigt höhere Aussaatstärken, weil sie sich schwächer bestockt. Nach wie vor erfolgreich in der ganzen Welt angebaut wird die ertragsstarke Sorte RAGT Planet. Sie wird auch für den Ökoanbau empfohlen. Die Saaten Union präsentierte die neue Sorte Sting mit guter Blattgesundheit und schwerem Korn. Die Sorte befindet sich gerade in der Wertprüfung 3, ist also noch nicht final zugelassen.

Auf derselben Fläche wie die Sortendemo wurden die Landessortenversuche Sommerbraugerste und Winterbraugerste angelegt, welche vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) in Münchweiler betreut werden. Im Versuch der Sommerbraugerste werden zwölf Sorten geprüft, die mit 300 Kö/m2 am 08.03.2022 ausgesät wurden. Das Prüfsortiment der Winterbraugerste beinhaltet sechs Sorten, welche am 11.10.2021 mit 300 bzw. 330 Kö/m2 (mz/zz) ausgesät wurden. Die Sorten werden in zwei Intensitätsstufen angebaut, wobei nur in der Intensitätsstufe zwei Fungizide zum Einsatz kommen, um die Krankheitsanfälligkeit der Sorte zu untersuchen. Der Befallsdruck war in diesem Jahr sehr gering, weshalb die Sorten sowohl in Stufe 1 als auch in Stufe 2 gesund dastanden.

Zu wenig Stickstoff kostet Ertrag und Qualität

Als nächste Station der Braugerstenrundfahrt wurde der Düngeversuch Winterbraugerste mit verschiedenen Saatterminen vom DLR in Münchweiler angefahren. Neben reinen Winterbraugerstensorten wurde die Sommerbraugerstensorte Leandra, die in der Gegend gerne als Herbstaussaat ausgesät wird, zu vier unterschiedlichen Saatzeiten ausgesät: zwei im Herbst und zwei im Frühjahr. Zusätzlich werden auf dem Standort verschiedene Düngestufen untersucht: Empfehlung nach DüV, DüV-30kg N, DüV-60 kg N. Ergebnisse aus dem Vorjahr zeigen, dass gerade bei der Düngevariante mit -60 kg N neben dem Ertrag auch der Vollgerstenanteil und der Rohproteingehalt sinkt. Die im Herbst gesäte Leandra brachte im vergangenen Jahr mehr Ertrag, Leandra in der späteren Frühjahrsaussaat büßte Ertrag ein. Der Versuch zeigt deutlich, dass sich eine späte Aussaat im Frühjahr nachteilig auf die Entwicklung des Bestandes und demnach auf Ertrag und Qualitäten auswirkt.

Die letzte Station der Rundfahrt führte an eine Praxisfläche von Landwirt Thomas Wolf mit der Sorte Avalon. Die Sommergerste wurde Mitte Januar mit 320 Kö/m2 ausgesät. Der Bestand stand einheitlich gut entwickelt da, die Bedingungen zur Aussaat waren sehr gut.

TA-Fahrt zu Praxisflächen

Einen Tag vor der Braugerstenrundfahrt trafen sich die Mitglieder des Technischen Ausschusses (TA) der Fördergemeinschaft zu ihrer alljährlichen TA-Rundfahrt. Gemeinsam mit Volker Feils, Raiffeisen Bezugs- und Absatzgenossenschaft Kirchberg, begrüßte der Vorsitzende der Fördergemeinschaft Braugerste e.V. (BG), Ökonomierat Heribert Metternich, die Teilnehmer. Ziel dieser Fahrt sei es, die aktuell in Berlin diskutierten neuen Sommerbraugersten-Sorten zu begutachten: in diesem Jahr die Sorte LG Flamenco (LG Seeds), vergleichend mit der Sorte Avalon (Zuchthaus Breun; Vertrieb Hauptsaaten). 

Die neue, vom Bundessorten-Amt im Dezember 2020 zugelassene Braugerstensorte Flamenco wurde im März 2021 vom TA der Fördergemeinschaft BG RLP, in Anlehnung an die Empfehlungen anderer BG-Gemeinschaften, für den „großtechnischen Versuchsanbau“ in Rheinland-Pfalz ausgewählt. Neben dem großflächigen Praxisanbau (jeweils ca. 20 ha, in zwei unterschiedlichen Naturräumen; in einer Höhenlage, z.B. im Hunsrück und in einer Wärmelage, z. B. in Rheinhessen, unter Praxisbedingungen) ist vorrangiges Ziel dieses Anbaus, vor allem die großtechnische Vermälzung und Verarbeitung zu Bier in größeren Einheiten zu testen. 

Regen im Frühjahr fehlt

Zuerst wurden vom TA die von der Fördergemeinschaft Braugerste RLP e.V. geförderten Praxisbestände in der Region um Blankenrath (im Hunsrück) und später in Schiersfeld (Donnersbergkreis) begutachtet. Die Fahrt begann mit der Besichtigung der LG Flamenco-Praxisfläche, angebaut von Jürgen Wilhelms in Liesenich. Der Bestand stand lückig da, mit nur ausgebildeten Haupttrieben, was an der fehlenden Wasserversorgung im Frühjahr liegt. Die Aussaatbedingungen im Frühjahr waren optimal, zu dem Zeitpunkt war genug Wasser im Boden vorhanden. Bei Josef Treins, Forst, wurde die im Vergleich stehende Sorte Avalon besichtigt. Auch hier zeigt sich der Bestand recht lückig. Ebenfalls waren die Aussaatbedingungen optimal, das Wasser fehlte im Frühjahr zur optimalen Entwicklung des Bestandes.

Im Süden des Landes wurden anschließend die beiden Sorten LG Flamenco und Avalon im Betrieb von Jens Brumm, Schiersfeld, begutachtet. Wie schon im Hunsrück präsentierte sich der Bestand der Sorte LG Flamenco lückig, die Seitentriebe wurden kaum bis gar nicht ausgebildet. Nach Aussage von Jens Brumm waren die Aussaatbedingungen im Frühjahr alles andere als optimal, was die Entwicklung des Bestandes negativ beeinflusst hat. Auch der Bestand der Sorte Avalon konnte nicht wie sonst überzeugen, auch hier waren die Aussaatbedingungen nicht optimal.

Bei der Abschlussbesprechung der Rundfahrt im Hofgut Wiesenmühle von Dr. Gerhard Schilling, Monsheim, konnte festgehalten werden, dass die Sommerbraugerste dieses Jahr deutlich die Defizite in der Wasserversorgung aufgezeigt hat. Die Ertragserwartungen wurden herabgesetzt. Trotz der moderaten Temperaturen im Frühjahr ist das Wasser die Stellschraube in der Entwicklung der Bestände. Der Krankheitsdruck hielt sich in Grenzen.

 

Isabelle Sando, LWK Rheinland-Pfalz

Imke Brammert-Schröder, Landwirtschaftliches Wochenblatt