Landwirtschaft und Naturschutz? Das geht!

Schwerpunkt der Ausschusssitzung Raumordnung, Regionalentwicklung, Naturschutz der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz in Koblenz waren die freiwilligen Aktivitäten der Landwirtschaft für den Naturschutz. Der Ausschussvorsitzende Rudolf Schneichel konnte bei der Sitzung, die dieses Mal in Koblenz im Haus der Landwirtschaft stattfand, Referenten begrüßen, die sich als Vertreter der Landwirtschaft aktiv um den Naturschutz bemühen.

Es sei wichtig, immer wieder zu zeigen, wie aktiv und mit welchem Engagement die Landwirtschaft sich für den Natur- und Artenschutz einsetzt. Daher sei es umso bedauerlicher, dass die Landwirtschaft immer missverstanden werde und ihr von Seiten des Naturschutzes nach wie vor Vorwürfe gemacht würden. Noch schlimmer sei allerdings, dass in Planungsprozessen die Positionen des Naturschutzes missbraucht würden, um überzogene Ausgleichsforderungen mit restriktiven Verboten umzusetzen. Er könne daher verstehen, wenn bei manchen Vertretern der Landwirtschaft ziemlich großer Frust eingekehrt sei, weil viele Angebote des freiwilligen Naturschutzes sowohl im ehrenamtlichen Naturschutz als auch beim amtlichen Naturschutz nicht anerkannt würden. Daher war es auch Ziel der Frühjahrssitzung des Raumordnungsausschusses der Landwirtschaftskammer, an einigen Beispielen zu zeigen, wie gut die Kooperation funktionieren kann und welche Leistungen die Landwirtschaft für den Naturschutz erbringt. 

Zu dem Thema „Lebendige Agrarlandschaften“ referierte Anne Buchsbaum vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau. Das sogenannte „Mosel-Projekt“, die Offenhaltung von Weinbergen und die nachhaltige Bewirtschaftung von Flächen, ist Teil eines bundesweiten Projektes mit dem das Ziel der besseren Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere aber die Absicht der Naturschutzberatung „Von Bauern für Bauern“ angestrebt wird. Zwanzig Rebflächen an der Mosel befinden sich in einem Monitoring, von Brachen bis zu einer regulären Bewirtschaftung. Das Monitoring vieler Flächen hat gezeigt, dass gerade in bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen ein hoher Artenreichtum festgestellt werden kann. Der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses, Ludwig Schmitt aus Mainz-Finthen, konnte dies auch für den Obstbau bestätigen. Auf Flächen im Obstbaugebiet Ingelheim/Finthen konnte auf den bewirtschafteten Flächen eine höhere Biodiversität festgestellt werden, als auf Brachflächen. 

Anne  Buchsbaum konnte auch aufzeigen, welche negativen Folgen sich ergeben, wenn Flächen der Natur überlassen werden. Der Selbstbegrünung folgt in der Regel eine sehr schnelle Verbuschung, so dass gerade wärmeliebenden Pflanzen und Tieren der Lebensraum genommen wird. Eine dauerhafte Pflege von Flächen, die nicht mehr der Bewirtschaftung unterliegen, ist aber kaum zu finanzieren. Daher wird gerade am Moselprojekt deutlich, wie wichtig eine ordnungsgemäße landwirtschaftliche Nutzung durch den Weinbau in den Steillagen, auch für den Natur- und Artenschutz ist. Soweit aber Flächen für eine nachhaltige weinbauliche Nutzung ausscheiden, muss für wertvolle Standorte sichergestellt sein, dass auch eine Offenhaltung und Pflege gewährleistet ist. Aus Sicht der Mitglieder des Ausschusses ist gerade diese Notwendigkeit der Pflege von Flächen ein sehr gutes Beispiel für die Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen in Weinbergen oder ehemaligen Weinbergen. 

Leider muss aber festgestellt werden, dass die Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen auf solchen Flächen noch viel zu wenig in Anspruch genommen wird. Vielfach vertritt man die Auffassung, die brachliegenden Flächen hätten eh schon einen hohen naturschutzfachlichen Wert und könnten nicht weiter aufgewertet werden. Daher wird für Kompensationsmaßnahmen immer wieder auf Flächen zurückgegriffen, die sich noch in der Nutzung befinden. 

Die Ausschussmitglieder begrüßten das Moselprojekt ausdrücklich. Auch die bundesweite Vernetzung zu zehn weiteren Projekten in Deutschland zeigt, dass Landwirte und Winzer eine große Bereitschaft haben, Maßnahmen für den Naturschutz umzusetzen. Die Multiplikation in der Öffentlichkeit, aber auch die Beratung von Winzern, sich für solche Flächen zu engagieren, ist ein Hauptanliegen des bundesweiten Projektes „Lebendige Agrarlandschaften“. Der Ausschuss unterstützt das Projekt, wünscht sich aber eine wesentlich stärkere Berücksichtigung der Erkenntnisse in den lokalen und regionalen Planungen der Weinbauregionen des Landes Rheinland-Pfalz. Auch die Sensibilisierung der Politik für dieses Thema ist den Ausschussmitgliedern ein wichtiges Anliegen. Hier muss nach Ansicht des Ausschussvorsitzenden Rudolf Schneichel noch viel mehr auf die Vertreter in Mainz eingewirkt werden. 

Anne  Buchsbaum ging auch auf die weiteren Teilprojekte der lebendigen Agrarlandschaften ein. So liegt im Rheinland der Schwerpunkt auf Zwischenfrüchten, blühenden Säumen und der  Verbesserung der Rahmenbedingungen für Bestäuber. Im Münsterland liegt der Schwerpunkt auf dem Thema Energiepflanzenanbau und Biodiversität. Begleitet wird das Projekt „Lebendige Agrarlandschaften“ vom Bundesumweltministerium, vom Bundesamt für Naturschutz und vom Zentrum für Agrarlandforschung (ZALF) in Münchberg. 

„Aktion Grün“ 

Marcus Hehn vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau e. V. beschrieb im Anschluss das Projekt des Landes Rheinland-Pfalz „Aktion Grün“. In Anlehnung an die „Aktion Blau“ der Wasserwirtschaft soll mit der „Aktion Grün“ ein Schwerpunkt auf die Schaffung von Biotopvernetzungselementen im Offenland gelegt werden. Die Aktion wird begleitet durch einen im Ministerium eingerichteten Beirat. Die Ausschussmitglieder bemängelten, dass der gesamten Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz lediglich ein Platz in diesem Beirat eingeräumt wurde. Dieser Platz wird von Hehn besetzt, dessen Stellvertreter der Geschäftsführer des Raumordnungsausschusses, Ralph Gockel, sein wird. Eine enge Zusammenarbeit mit den Naturschutzverbänden ist von Seiten des Umweltministeriums geplant. Bisher sind nur die ersten Grundzüge der „Aktion Grün“ bekannt geworden. Es bleibt abzuwarten, mit welchen Maßnahmen die Aktion laufen wird. Sorgen wurden vom Raumordnungsausschuss dahingehend geäußert, dass es erneut zum Ankauf von Flächen zur Biotop-Vernetzung kommen wird und zu wenig auf die Angebote der Landwirtschaft eingegangen wird. 

Im Zusammenhang mit der Vernetzung von Flächen, aber auch im Zusammenhang mit dem Mosel-Projekt diskutierten die Ausschussmitglieder die Beschaffung des notwendigen Saatguts. Mehr und mehr wird in Planungsprozessen, insbesondere bei der Flurbereinigung, verlangt, ausschließlich autochthones Saatgut einzusetzen. 

Dies verursacht zum Einen erhebliche Kosten, und ist zum Anderen schwer zu beschaffen. Für die Umsetzung vieler Maßnahmen werden hierdurch sehr hohe Hürden gesetzt. Der Ausschuss sprach sich eindeutig dafür aus, Flächen lediglich mit einer Initialsaat zu versehen und ansonsten aber einen Prozess zuzulassen, bei dem sich eine standortgerechte Vegetation für Kompensationsflächen ergibt. Damit verbunden ist natürlich eine regelmäßige Kontrolle und gegebenenfalls Nachsaat. 

Die vermutete Zielrichtung der „Aktion Grün“, Flächen zu erwerben, führte ebenfalls zu einer Grundsatzdiskussion, die in der Forderung mündete, dass es ein grundsätzliches Verbot für Kommunen geben sollte, Flächen für Kompensationsmaßnahmen zu erwerben. Durch die Vorgabe im Landesnaturschutzgesetz, Kompensationsmaßnahmen produktionsintegriert umzusetzen, erübrigt sich der Flächenerwerb für Eingreifer für diesen Zweck. Ein entsprechendes Verbot wäre daher nur konsequent. Der Ausschuss bittet die Geschäftsführung, dies im Vorstand der Landwirtschaftskammer zu thematisieren. 

Projekt „F.R.A.N.Z“ 

Als ein weiteres Partnerschaftsprojekt zwischen Landwirtschaft und Naturschutz ging Dieter Feldner von der Stiftung Kulturlandschaft auf das Projekt „F.R.A.N.Z“ ein. „F.R.A.N.Z“ umfasst ein Netz von zehn Demonstrationsbetrieben in ganz Deutschland, die mit Ihrer Bewirtschaftung die regionalen Besonderheiten und Herausforderungen zwischen Landwirtschaft und Naturschutz darstellen. Von der Stiftung Kulturlandschaft wird ein größerer Ackerbaubetrieb in Rheinhessen und ein Ackerbau-/Grünlandbetrieb im baden-württembergischen Hohenlohe betreut. Das Projekt „F.R.A.N.Z“ wird unter Federführung der Michael-Otto-Stiftung für Umweltschutz gemeinsam mit dem Deutschen Bauernverband durchgeführt. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt durch das Von-Thünen-Institut und die Universität Göttingen. Das Projekt „F.R.A.N.Z“ hat das Ziel, Maßnahmen zu entwickeln und zu erproben, mit denen die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft erhalten und erhöht werden kann. Es soll aber auch gezeigt werden, wie Maßnahmen für den Naturschutz in den normalen Betriebsablauf integriert werden können, welche arbeitswirtschaftlichen Herausforderungen es gibt und welche Kosten damit verbunden sind. 

Das Förder- und Ordnungsrecht wirkt sich heute schon auf weite Teile der landwirtschaftlichen Betriebsführung aus. Diese Hürden gerade für Aktivitäten des Naturschutzes zu reduzieren, hat sich das Projekt „F.R.A.N.Z“ ebenfalls als Ziel gesetzt. Die Frage der ökonomischen Tragfähigkeit wird zeigen, dass es zusätzlicher Mittel bedarf, die in die Landwirtschaft fließen müssen, um die Belange des Arten- und Naturschutzes noch besser umzusetzen. Aus dem Ausschuss wurde der Vorschlag gemacht, Institutionen wie Banken und Versicherungen stärker über ein regionales Sponsoring zu gewinnen. Vizepräsident Metternich unterstützt diesen Vorschlag nachdrücklich und wird sich in den Gremien, in denen er vertreten ist, entsprechend einsetzen. 

Die Diskussion über aktive Maßnahmen der Landwirtschaft zum Naturschutz zeigt aber auch, dass die Gefahr besteht, sich mit vielen kleinen Projekten zu verzetteln. Aus dem Ausschuss heraus wurde daher vorgeschlagen, Aktivitäten stärker zu bündeln, damit diese auch eine stärkere Wirksamkeit erfahren. 

Allein die in der Ausschusssitzung diskutierten Maßnahmen über die lebendigen Agrarlandschaften, die „Aktion Grün“, das Projekt „F.R.A.N.Z“ und die produktionsintegrierten Maßnahmen nach dem Landesnaturschutzgesetz zeigen die Vielfalt der Möglichkeiten, die wegen der fehlenden Übersichtlichkeit möglicherweise nicht konsequent zur Anwendung kommen. Es sollte eine Aufgabe der „Aktion Grün“ sein, dies stärker zu bündeln, damit nicht unkoordiniert Flächen aus der Produktion genommen werden. 

Wiederbepflanzung von Rebflächen 

In Tagesordnungspunkt 4 ging der Geschäftsführer des Ausschusses, Ralph Gockel, auf die zunehmenden Probleme bei der Wiederbestockung von Rebflächen ein. Insbesondere im Steillagenweinbau sind vor Jahren gerodete Rebflächen oftmals Teil des Schutzgebietsnetzes Natura 2000 oder sind in Teilen sogar durch die Biotop-Kartierung erfasst. Zurzeit stellt sich die Situation so dar, dass Winzer, die eine Pflanzgenehmigung durch die Landwirtschaftskammer bekommen, in eigener Verantwortung offene Fragen des Naturschutzes abklären müssen. Dieser notwendige Schritt ist vielen Winzern oftmals nicht bekannt, so dass sich im Nachhinein Probleme mit den Unteren Naturschutzbehörden ergeben. Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes und des Landesnaturschutzgesetzes fordern eigentlich eine umfassende Beurteilung der naturschutzfachlichen Situation möglicher anzulegender Weinberge durch die Landwirtschaftskammer. Der Ausschuss diskutierte intensiv das Prozedere und wies darauf hin, dass Winzer mit der Verantwortung nicht alleine gelassen werden können und sich ein dringender Beratungsbedarf ergibt. Gockel wies darauf hin, dass es entsprechende Gespräche mit dem Umweltministerium gibt. Der Ausschuss verwies auf die notwendige Klärung der Frage durch den Vorstand der Landwirtschaftskammer, in welchem Umfang Fragen des Naturschutzes bei der Rebpflanzgenehmigung abgedeckt werden sollen. 

Photovoltaik und Windenergie 

Unter Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ ging Herr Gockel auf den Stand der Beratung zum Landesentwicklungsprogramm 4 ein. Hier sieht die von der neuen Landesregierung eingeleitete Fortschreibung zum Teilplan Windenergie strengere Regeln vor. Für den Planungsteil der Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen hätte sich die Landwirtschaftskammer eine stärkere Konkretisierung dahingehend gewünscht, dass hochwertige landwirtschaftliche Flächen verbindlich als Ausschlussflächen dokumentiert werden. Leider ist dies nicht erfolgt. Die Landwirtschaftskammer lehnt Regelungen ab, wie sie in Baden-Württemberg nun eingeführt wurden, wonach die benachteiligten Gebiete grundsätzlich für Freiflächen-PV-Anlagen geöffnet werden sollen. 

Unter Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ sprach der stellvertretende Vorsitzende Ludwig Schmitt die Situation auf dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt an. Zunehmend ist zu beobachten, dass durch Kauf- und Pachtaktivitäten einzelner Unternehmen, die bisher auf dem regionalen Markt nicht aktiv waren, erhebliche Preissteigerungen zu beobachten sind. Zwar sehen alle Ausschussmitglieder diese Entwicklung, jedoch fehlen konkrete Ziele, um entsprechenden Entwicklungen wirksam entgegen treten zu können. Das in der letzten Ausschusssitzung vorgestellte Beispiel des Agrarstrukturgesetzes aus Niedersachsen, mit dem entsprechende Regelungen auf dem Bodenmarkt eingeführt werden sollen, ist nach einem Gutachten als verfassungswidrig eingestuft worden. 

Daher ergaben sich in der Diskussion zum Bodenmarkt im Ausschuss keine neuen Hinweise auf notwendiges Handeln. 

Der Ausschussvorsitzende Schneichel bedankte sich bei den Mitgliedern für die intensive Diskussion und lud den Ausschuss zur letzten Ausschusssitzung der laufenden Wahlperiode der Landwirtschaftskammer nach Rheinhessen ein. Dort soll eine Besichtigung von umgesetzten produktionsintegrierten Maßnahmen vorgenommen werden. 

Ralph Gockel, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, Bad Kreuznach