Direktsaat bleibt Ausnahme

Mit einem Anteil von bis zu 40 Prozent der gesamten Arbeitserledigungskosten bleibt die Bodenbearbeitung als erheblicher Kostenfaktor ein Thema, mit dem sich die Landwirte auch weiterhin auseinandersetzen müssen. Auch bei permanent steigendem Interesse an konservierender Bodenbearbeitung in den letzten Jahren ist der Pflug, nach Angaben des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahre 2010, auf ca. 60 Prozent des Ackerlandes immer noch das wichtigste Bodenbearbeitungsgerät.

Hier sind es im Wesentlichen die Betriebe in der Größenklasse bis 50 ha, die nicht auf den Pflug verzichten wollen. 40 Prozent der Ackerfläche, das sind knapp 4,4 Mio. ha, werden pfluglos bewirtschaftet, darunter sind mit 1,3 Prozentpunkten die Direktsaatverfahren bisher nur eine Randerscheinung. Insbesondere Betriebe mit einer Flächenausstattung von über 200 ha bevorzugen vermehrt nichtwendende Aussaatsysteme.

Für die Bewertung neuer Anbausysteme bieten erst Langzeitversuche, wie die seit 1999 laufenden Bodenbearbeitungsversuche der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, die Möglichkeit gesicherte Aussagen zu treffen, wenn es um die dauerhaften Auswirkungen auf Ertrag und Qualität der Ernteprodukte oder den Boden geht. Die Landwirtschaftskammer untersucht die Effekte unter­schiedlicher Bodenbearbeitungssysteme in großflächigen Versuchen auf drei landwirtschaftli­chen Betrieben in Eifel, Hunsrück und Rheinhessen mit unterschiedlichen Boden- und Witte­rungsverhältnissen.

Im Vergleich zur Pflugsaat (Var. 1 = 100 Prozent) stehen zwei Mulch­saatverfahren, wo mit Grubber (Var. 2) bzw. Scheibenegge (Var. 3) bis zu einer Tiefe von 15 bis 17 cm gear­beitet wird, einem Verfahren mit einmaliger flacher Stoppelbearbeitung (Var. 4) sowie einer Direkt­saatvariante (Var. 5). Die Fruchtfolgen richten sich nach den Belangen der mit der Durch­führung beauftragten landwirtschaftlichen Betriebe. In Rheinhessen stehen neben der Zuckerrübe Winterweizen und Sommergerste auf den Versuchsflächen, im Hunsrück und in der Eifel folgen nach Raps Winterweizen, Sommergerste und Wintergerste. Zur Bewertung der Bodenbearbeitungseffekte ist die Bestandsführung versuchseinheitlich.

Ziel in der konservierenden Bodenbearbeitung ist es, leistungsfähige mit der Pflugsaat vergleichbare Bestände mit hohen Feldaufgängen zu etablieren. Auf dem Standort in Rheinhessen konnte dies entsprechend der hohen Bonität des Bodens(toniger Lößlehm, Bodenpunkte: Ø 75 - 80, Jahresdurchschnittstemperatur 9,3 o C) in den Halmfrüchten über alle Verfahren hinweg umgesetzt werden. Die Abweichungen der Feldaufgangszahlen in den Pfluglos-Verfahren gegenüber der Pflugsaat sind im Schnitt der Jahre bei Sommergerste und Weizen nur marginal. Demgemäß einheitlich präsentieren sich die Ertragsergebnisse. Die Sommergersten- und Winterweizenerträge liegen auf dem Niveau des Pfluges bzw. sind mit bis zu 4 Prozentpunkten Vorsprung in der konservierenden Bodenbearbeitung der Vergleichsvariante Pflug sogar leicht überlegen. Wesentliche Unterschiede bei den Qualitätsparametern wurden über die Versuchsjahre hinweg nicht festgestellt.

Ursache für die wenn auch nur geringen Vorteile bei Pflugverzicht waren bei standortbedingt knapper Jahresniederschlagsmenge (Ø 510 mm) und ungünstiger Verteilung, die nach eigenen Messungen verbesserte Wasserführung und nachhaltigere Wasserspeicherung der Mulchsaaten im Bodenprofil bis zu einer Tiefe von 90 cm. So war die Wasserversorgung der Mulchsaatbestände und insbesondere in der Direktsaat gerade bei hohen Temperaturen und teils ausgeprägter Frühsommertrockenheit länger gewährleistet.

Größere Abweichungen im Feldaufgang und damit unterschiedliche Bestandsdichten waren dagegen in den Zuckerrübenbeständen des Versuches zu finden. War der Rückgang der Pflanzenzahl je Hektar in den tiefer bearbeiteten Varianten noch moderat, so lagen die Feldaufgangswerte der Direktsaat im Mittel der Jahre bei lediglich 50 Prozent. In diesem Verfahren ohne Bodenbearbeitung ist die ordnungsgemäße Ablage des Saatgutes durch die Anreicherung organischer Substanz an der Oberfläche und einer kompakteren Bodenstruktur nur eingeschränkt möglich. Hier müsste in den Folgejahren evtl. über eine Anpassung der Aussaattechnik, z. B. Zuckerrübenschlitzsaat, nachgedacht werden. Auch wenn die Mulchsaatvarianten die geringeren Bestandsdichten z. T. kompensieren konnten, führten die Schwächen der Mulchsaaten im Feldaufgang zu stärker schwankenden, schwächeren Erträgen und einer Verschlechterung der inneren Qualität, da aufgrund der ungleichmäßigeren Entwicklung der Zuckerrüben mit teils sehr hohen Einzelrübengewichten der Rohzuckergehalt tendenziell sank und der Anteil an Melassebildnern anstieg. Das heißt, die homogeneren Bestände in der Pflugsaat erreichten den höchsten bereinigten Zuckerertrag. Gleichfalls konnte vom Pflug zur Direktsaat eine verstärkte Beinigkeit und Seitenwurzelbildung der Zuckerrüben beobachtet werden.

Insgesamt lässt sich trotz einiger Schwierigkeiten die Bearbeitungsintensität auf diesem Standort auch bis zur Direktsaat gut reduzieren.

Etwas größere Unterschiede im Feldaufgang und Ertrag zeigte der Versuch in der Eifel (Bodenpunkte: Ø 47, Jahresdurchschnittstemperatur 8,0 o C, Jahresniederschlagsmenge 700 mm). Insbesondere in der Minimalbodenbearbeitung der Var. 4 und 5 kam es Kulturarten spezifisch zu einem stärkeren Rückgang der Feldauf­gangszahlen. Hier reagierte besonders die Wintergerste mit einer bis zu 30 Prozentpunkten niedrigeren Bestandsdichte. Allerdings waren die Auswirkungen auf die Versuchserträge dann doch geringer. Sowohl Winterweizen als auch Winterraps konnten in nahezu allen Varianten überzeugen und lieferten im Schnitt der Versuchsjahre in konservierender Bearbeitung nur unwesentlich niedrigere Kornerträge. Die Ertragsunterschiede waren im Raps bei +/- 3 Prozent im mehrjährigen Mittel und auch im Winterweizen mit einem moderaten Rückgang des Ertragsdurchschnittes um 6 Prozentpunkte im Verhältnis zur Pflugsaat nur unbedeutend. Die Gerste, vor allem Wintergerste, war demgegenüber größeren Ertragsvarianzen in den Verfahren 4 und 5 unterworfen. Verantwortlich hierfür war ein zeitweilig erhöhtes Aufkommen von Schadnagern und stärkerer Verunkrautung in den durch Fraßschäden entstandenen Fehlstellen. Eine intensivere in der Direktsaat mittlerweile für alle Versuchsstandorte obligatorische Bekämpfung mit Legeflinte und das ergänzende Aufstellen von Sitzkrücken für Greifvögel reduzierten das Aufkommen. Sehr effektiv war die mechanische Bekämpfung durch tiefere Bodenbearbeitung in den Var. 1 bis 3, wo Feldmäuse praktisch in keinem Versuchsjahr eine größere Rolle spielten. Eine z. T. problematische Zunahme von Ungräsern insbesondere Ackerfuchsschwanz in Var. 4 und 5 war durch Herbizidmaßnahmen in der Fruchtfolge beherrschbar. Kritischer ist eine in den letzten beiden Versuchsjahren wachsende Belastung mit Trespe in der Direktsaat zu sehen, die in Sommer- und Wintergerste gar nicht zu bekämpfen ist. Wo die mechanische Bekämpfung - wie in den Var. 1 - 3 - fehlt, bleibt, wenn Pflanzenschutzmaßnahmen in Weizen und Raps nicht in ausreichendem Maße greifen sollten, evtl. nur eine Umstellung der Fruchtfolge. Dennoch zeigt dieser Standort, dass auch in konservierender Bodenbearbeitung hohe Erträge realisiert werden können.

Der Hunsrücker Versuch blieb der kritischste Standort. Hier verschärften sich gerade in der Minimalbodenbearbeitung (Var. 4 und 5) die Schwierigkeiten. Die schwierigen Standortverhältnisse im Hunsrück (Schieferverwitterungsboden, Bodenpunkte: Ø 40, Jahresdurchschnittstemperatur 7,3 o C) verursachten zunehmend Probleme im Feldaufgang. Je geringer die Bodenbearbeitungsintensität desto stärker waren der Rückgang im Feldaufgang und ein entsprechender Bestand für hohe Erträge gerade in der Direktsaat nicht mehr zu erreichen. Die Bestände liefen nur sehr lückig und mit deutlich Verzögerung auf, so dass schwach entwickelte Wintergerste wie auch schwächere Rapspflanzen in den letzten beiden Versuchsjahren die Frostperioden im Winter nicht überstanden und demgemäß keine vergleichbaren Erträge ermittelt werden konnten. Erst mit einer Umstellung der Aussaattechnik bei der Weizenaussaat im letzten Herbst von Scheibenschartechnik zu Zinkenscharen konnte wieder ein befriedigender Bestand etabliert werden, der auch die extrem niedrigen Temperaturen im Februar dieses Jahres problemlos überdauerte.

Nur die Erträge in den Var. Grubber und Scheibenegge bei Wintergerste und Winterweizen erreichten nahezu Pflugniveau, schwankten aber stärker. Sommergerste und Winterraps lagen in diesen Varianten z. T. im Schnitt um bis zu 20 Prozentpunkte darunter.

Die Pflugvariante zeigte in den meisten Versuchsjahren das höchste und stabilste Ertragsniveau. Um in der konservierenden Bodenbearbeitung vergleichbare Werte zu erzielen, ist auf dem schweren, zu Staunässe neigenden Lehmboden im Hunsrück wohl eine tiefere Lockerung erforderlich.

Die Auswirkungen der pfluglosen Bodenbearbeitung fielen je nach Region sehr unterschiedlich aus und wurden erheblich von den jeweiligen Standortbedingungen beeinflusst. Langsamere Erwärmung und Abtrocknung des Bodens durch Mulchauflage und geringeres Porenvolumen bedingten eine um bis zu 14 Tage verzögerte Jugendentwicklung der Bestände, die aber auf den Gunststandorten in Rheinhessen und Eifel im Verlauf der Vegetation häufig wieder ausgeglichen wurde. Bei Trockenheit und knapper Wasserversorgung jedoch waren die Feldaufgänge hier oftmals besser und die Erträge stabiler, da in der Mulch- bzw. Direktsaat das Saatkorn einen besseren Kontakt mit der Bodenfeuchte hat und die kontinuierliche Wasserversorgung sicherer war. Eine verbesserte Befahrbarkeit der Flächen bei reduziertem Bearbeitungsumfang konnte im Allgemeinen festgestellt werden. Voraussetzung ist jedoch eine an den Standort angepasste Kalkversorgung mit seiner Gefüge stabilisierenden Wirkung, um negative Effekte auf die Bodenstruktur zu vermeiden. Je geringer die Bearbeitungsintensität desto größer war die Gefährdung durch Schadnager und eine Veränderung des Unkrautspektrums insbesondere zu Ungräsern hin mit dem höchsten Anstieg in den Direktsaaten durch fehlende mechanische Bekämpfungsmöglichkeiten. Ein erhöhter Krankheitsdruck durch z. B. an der Bodenoberfläche verbleibende infizierte Erntereste der Vorfrucht wurde demgegenüber bisher nicht festgestellt, was auch den erweiterten Fruchtfolgen in den Versuchen mit einem Wechsel von Blattfrucht -Halmfrucht und Sommerungen - Winterungen geschuldet ist.

Die konservierende Bodenbearbeitung kann eine Alternative zum Pflug sein. Es muss aber eine auf die Standortbedingungen angepasste Bearbeitungsstrategie entwickelt werden.

Je nach Witterungsverlauf und Marktsituation fallen die Nachteile der konservierenden Bodenbearbeitung, wie evtl. höhere Kosten für Pflanzenschutz (Glyphosateinsatz) und Ertragsschwankungen, unterschiedlich stark ins Gewicht und müssen dem Einsparpotential gegenüber gestellt werden. Die finanziellen Vorteile nichtwendender Anbausysteme werden oftmals zu optimistisch gesehen und sind evtl. geringer als angenommen.

Während Direktsaat auch in Zukunft wohl die Ausnahme bleiben wird, ist Mulchsaat mit einer auf den Standort ausgerichteten Bearbeitungsintensität grundsätzlich machbar.

Volker Berg, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, Bad Kreuznach

Die zugehörigen Schaubilder finden Sie <media 94100>hier</media>.