Der Milchhof Soonwald – ein Konzept geht auf

Dipl.-Ing. Arch. (FH) Simone Hamann-Lahr von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz berichtet.

Als vor wenigen Jahren die Betriebsleiter Karl-Heinz und Christian Bange über die Weiterentwicklung des Standortes nachdachten, mussten einige Grundsatzfragen entschieden werden. Mit den konzeptionellen Überlegungen und deren Realisierung waren natürlich auch nach und nach verschiedene Bauinvestitionen verbunden. 

Der Beginn war die Molkerei

Mit ein Wesentlicher Entscheidungsprozess wurde vor 7 Jahren vollzogen, als Banges sich für die Direktvermarktung der hofeigenen Milch entschieden. "Damals mussten wir uns überlegen, wie es weitergehen sollte. Entweder hätten wir die Milchviehherde um einiges aufstocken müssen, oder wir mussten uns etwas anderes einfallen lassen", beschreibt Christian Bange die Überlegungen. "Wir wollten die Wertschöpfung von fertigen Milchprodukten im eigenen Betrieb behalten", erläutert er seine Motivation. 

Im ersten Schritt hat der Betrieb daher in eine hofeigene Molkerei investiert. Diese Idee war für die Genehmigungsbehörden so ungewöhnlich, dass bereits im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens einige Hürden und Rückfragen nicht vermieden werden konnten. Doch letztendlich konnte alles gebaut und die Produktion aufgenommen werden. Seither werden die selbst erzeugten Produkte wie Joghurt in verschiedenen Geschmacksrichtungen und Milch mit mehreren Lieferwagen in der Region vermarktet. 

Konzept für den Milchviehstall

Die nächste große Baumaßnahme, die auf der Hofstelle realisiert wurde, war der Neubau eines modernen Milchviehstalles. Das große Ziel, welches für die Familie  Bange über allem stand, war die Verbesserung der Arbeitswirtschaft. Die Abläufe sollten optimiert werden und es sollten gleichzeitig mehr Kühe gemolken werden können. Dazu war die grundsätzliche Entscheidung relativ schnell auf ein Melksystem mit Melkrobotern gefallen. "Wir müssen unsere Arbeitskraft sehr gezielt einsetzen, die Vermarktung und die Molkerei brauchen sehr viel Aufmerksamkeit und Energie", beschreibt er die Überlegungen. Angestrebt wurde daher die Größenordnung von zwei Melkrobotern, d.h. die Neubauplanung umfasst 120 Plätze für laktierende Kühe. Die Besonderheit auf dem Milchhof ist, dass die beiden AMS mit einem Winkel von 30° in den Stall platziert wurden. Dadurch sollten der Ein- und Austrieb der Kühe optimiert werden.

Seitliche Futtertische ersparen den Übertrieb

Die nächste konzeptionelle Entscheidung wurde bei der Lage des Futtertisches getroffen. Die Stallplanung basiert auf vier mittigen Liegereihen mit zwei außen liegenden Futtertischen. Das bringt verschiedene Vorteile: Die Kühe müssen nicht über einen Futtertisch getrieben werden, wenn sie die Bereiche zwischen Laktierend, Trockenstehend, Abkalben und Selektion wechseln sollen. Die Herde ist immer im mittleren Bereich zusammengefasst und kann besser gemanagt werden. Die Liegeboxen sind nicht im äußeren Hallenrandbereich, wo sie bei offener Jalousie und ungünstiger  Witterung auch nass werden können. „Wir würden den Stall auch wieder so bauen. Für den Klauenpflegestand ist der Standort im Stall, aber auch die effiziente Wegeführung nach dem AMS sehr entscheidend. Den Platz sollte man in jedem Fall von vornherein einplanen. Wir empfinden es als enorm wichtig, dass die Klauenpflege bei den Kühen immer konsequent betrieben wird. Ansonsten schleichen sich zu schnell schwierigere Verletzungen ein“, benennt Christian Bange die Überlegungen aus der Planungs- und Bauphase.

Liegeboxen und Strohbereiche ergänzen sich

Der Stallgrundriss gliedert sich zum einen in den Liegeboxenbereich für die Laktierenden Kühe, die am Melkroboter gemolken werden. Die andere Stallhälfte besteht aus den eingestreuten Bereichen. Diese sind relativ groß und wir sind sehr damit zufrieden. Den Platz können wir sinnvoll nutzen. Für die Tiere ist es ein wichtiger Bereich und die Arbeitsabläufe funktionieren gut. Das einzige Manko ist die fehlende Anbindung des zweiten Melkroboters an den Selektionsbereich. Weil es technisch sehr aufwändig geworden wäre, haben wir uns dagegen entschieden. Dadurch haben wir heute einen etwas höheren Arbeitsaufwand mit dem Umtreiben der Kühe. Es lässt sich aber dennoch gut regeln“, fasst der Betriebsleiter seine Erfahrungen hier zusammen.

Realisierung des Vorhabens

Für die Umsetzung der Ideen wurde das Ingenieur- & Planungsbüro Billigen in Dreis-Brück beauftragt. „Eine solch umfangreiche Bauaufgabe kann nur mit Hilfe eines Architekten gestemmt werden, der sich in diesem Bereich auskennt“, sieht sich der Hofinhaber auch nach der Bauzeit in seiner Entscheidung bestärkt. „Natürlich hat man immer noch viel mit einer Baustelle zu tun. Aber Wesentliche Dinge wie z.B. Ausschreibungen oder Detailüberlegungen werden vom Planer übernommen.“

Die ausführenden Firmen wurden dann nach Auswertung der Ausschreibungen ausgewählt und beauftragt. Es wurden verschiedenste bundesweit tätige Stallausstatter zur Angebotsabgabe aufgefordert. Eigenleistungen wurden letztendlich nur bei der Montage der Boxenabtrennungen, des Fressgitters, dem Einbau der Gummibeläge auf den Laufflächen und der Einstreuanlage eingebracht. Die Gummibeläge waren komplett vorkonfektioniert, und der Einbau ging innerhalb weniger Tage sehr zügig von der Hand. Die Montage der Einstreuanlage würde Christian Bange wahrscheinlich nicht mehr selbst machen. Hier steckt die Tücke im Detail und die Abwicklung ist doch sehr zeitintensiv.

Gummimatten für Laufflächen und Standfläche

Der gesamte Stall ist mit Gummimatten ausgelegt. Hier wollte man sich nicht auf die Qualität einer Betonoberfläche verlassen, die nach einiger Zeit auch immer wieder Probleme mit sich bringt. Die Erwartungen haben sich bei den Gummimatten vollstes bestätigt. Die Kühe gehen sehr sicher und die Brunsterkennung ist überhaupt kein Problem. Das natürliche Verhalten kann sehr gut ausgeübt werden und somit ist die Erkennung der Kühe für die nächsten Besamungen gut möglich. Schwierig kann es auf Gummimatten dann werden, wenn die Laufflächen zu sehr austrocknen. Dann kann auch ein weicher Bodenbelag glatt werden. Dies beobachtet der Betriebsleiter aber nur in sehr seltenen Fällen.

Eine neue Herausforderung sieht er bei der Klauenpflege. „Wir haben insgesamt eine veränderte Klauensituation. Die feuchtigkeitsbedingten Erkrankungen haben zugenommen, die wir früher so nicht hatten. Bei einem komfortablen Bodenbelag laufen die Kühe länger im Stall mit, bevor Probleme erkannt werden. Wenn dann auffällt, dass eine Kuh in den Klauenpflegestand muss, ist es eigentlich schon zu spät. Und das, obwohl wir dreimal im Jahr Klauenpflege betreiben“, beschreibt er seine Erfahrungen. 

Banges haben am Futtertisch eine erhöhte Standfläche eingebaut. Nach jeweils zwei Standplätzen ist eine Abtrennung eingebaut. Auch dort sind, wie auf den Laufflächen, Gummimatten verlegt, so dass die Kühe in sämtlichen Lauf- und Liegegängen auf weichem Bodenbelag unterwegs sind. „Die Standerhöhung am Futtertisch bringt den Kühen einfach mehr Ruhe. Sie können beim Fressen stehen bleiben, wenn der Schieber vorbeifährt. Diesen Effekt sollte man nicht unterschätzen“ ist sich Christian Bange sicher.

Die Einstreuanlage rationalisiert vieles

Eine weitere Besonderheit ist die Einstreuanlage. Um die Ziele der besseren Arbeitswirtschaft zu erreichen, hat man sich auch hier für ein automatisches System entschieden. „Den Einbauaufwand haben wir sehr unterschätzt, aber die Anlage als solches ist eine sehr sinnvolle Investition. Es ist immer ausreichend Strohhäcksel im Kopfbereich der Liegeboxen, so dass die tägliche Boxenpflege in kürzester Zeit erledigt ist“, freut er sich. „Für unsere Boxenpflege verwenden wir ca. einen ¾ Großpacken Stroh am Tag. Die Anlage häckselt das Stroh klein und verteilt es dann in die Mitte der Doppelliegeboxen. Von dort aus ziehen wir es nach Bedarf in die Box.“ Auch die Sonderbereiche werden mit dieser Strohmenge bedient, so dass für Herrn Bange der Aufwand absolut akzeptabel ist.

Die Stalllüftung

Alle anderen Gewerke, angefangen vom Unterbau, über den Stahlhallenbau, der Dacheindeckung und der Elektro- und Wasserinstallation wurden von Firmen durchgeführt. Die Funktion der Lochbleche im Giebel hat er sich jedoch etwas anders vorgestellt. Bei starkem Wind kommt auf der Westseite auch Niederschlag in den Stall und kann sich bis hinunter in die Liegeboxen unangenehm auswirken. Die Stalllüftung wird hier über die Querlüftung der beiden Traufseiten bewerkstelligt, so dass der Einsatz von Lochblechen nicht notwendig gewesen wäre. Auf Osten verschmutzen sie relativ schnell, was dann auch keinen Lüftungseffekt mehr bringt. „Im Wesentlichen lüftet unser Stall über die seitlichen Jalousien und den Lüftungsfirst“, ist sich Christian Bange sicher. „Die Lochbleche bringen leider nicht die gewünschte Wirkung“, meint er, „aber der Licht- und Lüftungsfirst ist eine sehr gute Investition im Hinblick auf viel Licht und gute Luft im Stall.“

Jungvieh in Bestandsgebäuden – Kälber in neuen Iglus

Durch den Neubau des Milchviehstalles konnten die Altgebäude für die Aufstallung des Jungviehs umgenutzt werden. Nach einem solchen Schritt bietet sich das auch an und das Jungvieh kann die Liegeboxen des ehemaligen Milchviehstalles gut belegen. Im Zuge der Neubaumaßnahme wurde jedoch ebenfalls in die Kälberhaltung investiert. "Für mich stand von Anfang an ein Kälberdorf von Holm & Laue fest. Indes stellt sich im laufenden Betrieb heraus, dass die Entmistung der Großraumiglus und deren Umsetzen doch mit zwei Personen erfolgen müssen. Das hatten wir uns etwas rationeller vorgestellt. Doch die Einzeliglus für die Kälber sind wirklich sehr gut. Da hat jemand mal sehr praktische Überlegungen angestellt. Die Iglus würde ich immer wieder so kaufen", fasst der Betriebsleiter seinen Eindruck zusammen.

Fazit

Sogar eine neue Molkerei konnte noch am Milchviehstall realisiert werden, so dass heute die Arbeitsabläufe sehr rund laufen und das Gesamtkonzept schlüssig ist. Familie Bange ist sehr froh, nun endlich die geplanten Baumaßnahmen realisiert zu haben. Die größeren Hürden waren dabei nicht das Bauen an sich, sondern das Bauantragsverfahren. "Für uns war der Posteingang der Baugenehmigung ein genauso wichtiger Moment wie der Umzug der Kühe in den Stall. Bei so vielen Rückfragen und erforderlichen Stellungnahmen verzögert sich eine Maßnahme schnell um ein Jahr", ist er über den zeitlichen Verlauf der Genehmigung gar nicht glücklich. Jetzt aber, wo alles fertig gestellt ist, kann der Milchhof Soonwald sehr optimistisch in die Zukunft blicken.

Für nähere Informationen http://www.milchhof-soonwald.de/ oder bei der AID

http://www.aid.de/landwirtschaft/tierwohl_betrieb_seibersbach.php.

 

Dipl.-Ing. Arch. (FH) Simone Hamann-Lahr